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Deutsche Mystik in Übersetzung. Die Erfindung einer europäischen Idee
Antragstellerin
Professorin Dr. Anne Eusterschulte, seit 7/2022
Fachliche Zuordnung
Geschichte der Philosophie
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 461562574
Dieses Projekt zeigt die prägende Rolle des Übersetzens in der Frühen Neuzeit am Beispiel der Übertragungen von deutscher mystischer Literatur ins Englische. Das England der Frühen Neuzeit bot einen außergewöhnlichen Nährboden für die Rezeption von Autoren wie Paracelsus (1493-1541), Sebastian Franck (1499-1542), Valentin Weigel (1533-1588) und Jacob Böhme (1575-1624): Getragen von dichten Netzwerken wurden Sie ins Englische übersetzt und veröffentlicht. Dadurch wurde eine Tradition erschaffen und einer neuen Leserschaft vermittelt: Ideen aus Kontinentaleuropa wurden mit einheimischen Ansätzen verbunden und eine neue Sprache entstand. Während Böhmes Theorien über die Schöpfung und die Erneuerung des Menschen in Deutschland wegen Häresievorwürfen unterdrückt waren, waren fast alle seine Schriften bereits im Jahr 1661 auf Englisch zugänglich. Der Erfolg dieser Übersetzungen brachte eine neue Persona hervor: die eines englischen Böhme, oder Behmen. Der historische Kontext ist vor kurzem untersucht worden, eine Studie der deutschen (und wenigen lateinischen) Ausgangstexte in Bezug auf ihre englischen Übertragungen ist dagegen noch nicht unternommen worden. Das Projekt zielt auf eine umfassende philosophische und kulturelle Neubewertung dieser Übersetzungen: Es analysiert, wie Ideen durch Übersetzung adaptiert und neu erfunden wurden. Das Projekt hat drei Zielvorgaben. 1) Anhand von Kurzbeschreibungen wird das Korpus der englischen Übersetzungen auf der Webseite des Projekts präsentiert und in einem Repositorium der Bibliothek, TU Braunschweig, langfristig zur Verfügung gestellt. Dafür erweitere ich die Liste, die ich als befristete Mitarbeiterin im Rahmen des SPPs 2130 kompiliert habe. 2) Ich analysiere Übersetzungsstrategien für die Übertragung mystischer Terminologie und deren Einfluss auf den philosophischen Transfer. Ich plane eine Monografie, die zum ersten Mal die Entwicklung Böhmes natur-theologischer Terminologie, seine Sprachtheorie und seine visuellen Schemata mit ihren einflussreichen Übertragungen ins Englische verbindet. 3) Die Beziehung zwischen interlingualem Übersetzen und visueller Verbildlichung als Mittel für transkulturelle Vermittlung philosophischer Ideen wird am Fall des handschriftlichen Werks von Dionysius Andreas Freher (1649-1728) offengelegt. Dies besteht aus deutschen und englischen Traktaten sowie einer großen Anzahl von Bildern, die die deutsche Mystik in England verbreiten und kritisch interpretieren sollten. Ich werde Frehers An Explication of Three Very Different Tables edieren und zum ersten Mal den Text und die Bilder, die das Werk ausmachen, zusammenbringen; bisher sind nur die Bilder veröffentlicht worden. Das Projekt erweitert die Perspektiven des SPPs 2130 um den Fokus der Geschichte der Philosophie: Es erörtert die Rolle der Übersetzung philosophischer Lehren im Bezug auf den Übersetzungsbegriff des SPP mit einer detaillierten Studie sowohl von berühmten (Böhme) als auch von wenig bekannten (Freher) Autoren.
DFG-Verfahren
Schwerpunktprogramme
Teilprojekt zu
SPP 2130:
Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit
Ehemalige Antragstellerin
Dr. Cecilia Muratori, bis 6/2022