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„Der Beweis aus der Schrift“ (Dalīl al-Naql): Muslimische Wahrnehmungen der Bibel in früher osmanischer Zeit (16.–17. Jahrhundert)

Fachliche Zuordnung Katholische Theologie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 398344141
 
Die religiöse Vielfalt der frühosmanischen Zeit führte dazu, dass muslimische und christliche Gelehrten einander wechselseitig wahrgenommen und kritisch mit den jeweiligen Vorstellungen und Überzeugungen auseinandersetzt haben. Sowohl Christen als auch Muslime lasen die jeweilige ‚Heilige Schrift‘ des ‚Anderen‘ und trugen so durch ihre gegenseitige Kritik und/oder gegenseitige Akzeptanz zur De/Sakralisierung des Korans und der Bibel bei. Der Ansatz, biblisches Material als Beweis für muslimische Überzeugungen zu verwenden (dalīl al-naql) und die Frage, wie Muslime ihre eigenen Schriften und die der ‚Anderen‘ interpretierten, stehen im Mittelpunkt des Projekts. Die Untersuchung von Quellen aus früher osmanischer Zeit ist dafür besonders vielversprechend, da aus dieser Zeit umfangreiche und tiefgehende schriftliche Zeugnisse von muslimisch-christlichen theologischen Begegnungen vorliegen, diese aber noch kaum wissenschaftliche Aufmerksamkeit erhielten. Anhand ausgewählter Texte soll geklärt werden, in welcher Weise Muslime im muslimisch-christlichen Gespräch theologische Positionierungen vortragen und ihre eigene Identität beschreiben. Dabei stellt sich die Frage nach den konkreten exegetischen Zugängen und Methoden der Koranexegese und den Praktiken der Sakralisierung und Desakralisierung, die durch die Auseinandersetzung mit christlicher Bibelhermeneutik sowohl mit Blick auf die Bibel als auch auf den Koran dynamischen Veränderungen ausgesetzt sind. Ansätze aus der Praxistheorie werden dazu beitragen, den Gebrauch biblischer und koranischer Texte nachzuzeichnen, die Interaktionen der Gelehrten zu kontextualisieren und so die damit verbundenen gesellschaftlichen und interreligiösen Beziehungen besser zu verstehen. Das beantragte Projekt „Der Beweis aus der Schrift“ verbindet eine Vielfalt an Disziplinen, nämlich Theologie, Interreligiöse Studien, Geschichte sowie textuelle Hermeneutik und entfaltet Relevanzen für die Bereiche Islamische Theologie, Komparative Theologie, Interreligiöse Studien, Geistesgeschichte des Islam, Interdisziplinäre Studien, Geschichte der muslimisch-christlichen Beziehungen und Osmanistik. Das Projekt zielt darauf ab, ein besseres Verständnis der muslimischen Theologie des religiös ‚Anderen‘, insbesondere des Christentums, im 16. und 17. Jahrhundert zu ermöglichen, und zwar eingebettet in allgemeinere Prozesse der Deutung, Verwendung und kritischen Übernahme ‚anderer‘ normativer Texte, somit ihrer De/Sakralisierung. Im Zusammenspiel mit den anderen Projekten trägt dieses Projekt in besonderer Weise zum Spannungsfeld Inklusion und Exklusion bei, insofern es um die komplexen Aushandlungsprozesse von Gemeinsamkeiten und Unterschieden von bzw. zwischen muslimischen Wahrnehmungen des Korans und der Bibel geht. Zudem hat es mit seinem Fokus auf die Verhältnisbestimmung zentraler religiöser Schriften Auswirkungen auf die Frage von Kanonisierung und Dekanonisierung.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
 
 

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