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Steppenstädte: Stadtplanung im Zarenreich des 18. Jahrhunderts

Antragsteller Dr. Ulrich Hofmeister
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 462558555
 
Ausgehend von zwei Stadtgründungen in der pontisch-kaspischen Steppe untersucht das Projekt den Städtebau im Zarenreich des 18. Jahrhunderts. Im Zentrum des Projekts stehen die beiden wichtigsten Stadtgründungen in der Steppe in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts: Taganrog am Asowschen Meer (1698 gegründet, 1711 zerstört und an die Osmanen zurückgegeben) und Orenburg am Jaik/Ural-Fluss (1734 erstmals gegründet, zweimal verlegt und ab 1743 endgültig errichtet). Anhand dieser beiden Städte wird untersucht, auf welche Weise im Zarenreich des frühen 18. Jahrhunderts in der Steppe Städte geplant und gebaut wurden. Um die Bedeutung dieser Gründungen für die Städtebaugeschichte des Zarenreichs zu untersuchen, werden Taganrog und Orenburg zum einen die neue Hauptstadt St. Petersburg und zum anderen mehrere städtebauliche Projekte unter Katharina II. gegenübergestellt, darunter die Sloboda Ostaškov am Seligersee (1772 zur Stadt erhoben und in der Folge grundlegend umgebaut) und die Kleinstadt Sofija im Umland von St. Petersburg (1780 gegründet, ab 1808 aufgelöst und teilweise abgetragen). Dieses Projekt argumentiert, dass in der Steppe Vorstellungen und Praktiken entstanden, die die weitere Stadtgeschichte des Zarenreichs entscheidend prägten. Während das 18. Jahrhundert im Zarenreich bisher stets unter dem Gesichtspunkt der Europäisierung betrachtet wurde und St. Petersburg als Haupteinfallstor für gesellschaftliche Neuerungen gilt, soll dieses Projekt die Bedeutung der Steppe als Innovationszone für das Zarenreich belegen. Denn europäische Stadtplanungstechniken wurden in der Steppe früher und konsequenter als in St. Petersburg oder Zentralrussland angewendet, und die spezifischen Verhältnisse in der Region – etwa der Kontakt zu den Steppennomaden – prägten die Vorstellungen der Planer und der Verwaltung davon, wie der Stadtraum auf das Leben der Bevölkerung einwirkt und was eine Stadt überhaupt ausmacht. Die Untersuchung der Stadtgründungen in der Steppe soll so neue, umfassendere Erklärungen für die Politik Katharinas II. in Bezug auf die Städte und die weitere Entwicklung des russischen Städtebaus ermöglichen. Das Projekt versteht die Geschichte der Stadtplanung und des Städtebaus als Teil einer breiteren Sozial- und Kulturgeschichte und untersucht die Stadtplanung als Instrument zur Durchsetzung politischer, wirtschaftlicher und militärischer Interessen und den Städtebau als Produkt gesellschaftlicher Aushandlungsprozesse. Die wichtigsten Quellen für die Studie sind Korrespondenzen zwischen lokalen Befehlshabern und zentralen Regierungsbehörden in Moskau und St. Petersburg, darunter Berichte, Briefe und Karten, sowie veröffentlichte Reiseberichte und Tagebücher. Diese Quellen stammen überwiegend aus russländischen Archiven sowie aus publizierten Quellensammlungen. Auf der Basis dieser Quellen soll das Projekt die innovative Kraft der südlichen und südöstlichen Grenzgebiete des Zarenreichs und ihren Einfluss auf das Kernland belegen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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