Detailseite
Projekt Druckansicht

Sitten in Staats- und Gesellschaftstheorien zur Zeit des Directoire

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 462868429
 
Sitten in Staats- und Gesellschaftstheorien zur Zeit des DirectoireZiel des Projekts ist die Untersuchung der sozialintegrativen Rolle von Sitten (mœurs) in politischen Theorieentwürfen aus der Spätphase der Französischen Revolution (ca. 1795 bis 1799). Vor dem Hintergrund der politischen Instabilität der spätrevolutionären Phase findet sich in Frankreich in dieser Zeit eine große Spannbreite an Staats- und Gesellschaftstheorien sowohl von republikanischen als auch von monarchistischen oder traditionalistischen Autoren, die davon ausgehen, dass die Legitimation des politischen Gemeinwesens nicht alleine aus der Kraft der Gesetze erfolgen kann, sondern die Unterstützung geteilter sozio-moralischer Überzeugungen und Praktiken erfordert. Das zu analysierende Korpus setzt sich zusammen aus Texten u.a. von Louis Gabriel Ambroise de Bonald, Antoine-Louis-Claude Destutt de Tracy, Joseph de Maistre, Pierre-Samuel Dupont de Nemours, Louis Sébastien Mercier, Pierre-Louis Roederer, Jean-Baptiste Say oder Emmanuel Joseph Sièyes. Ausgehend von diesem Korpus erfolgt im Rahmen des Projekts zunächst eine genauere Bestimmung des semantischen Felds von "mœurs" und "moral". Die Ausgangsthese ist, dass sich in der Verwendung des Begriffs seit Montesquieu zwei entgegengesetzte Begriffsdimensionen entwickeln, wonach Sitten einerseits als soziomoralische und soziokulturelle Voraussetzungen des politischen Gemeinwesens fungieren können, sich in ihnen aber auch die Freiheit der Bürger innerhalb des Staats artikuliert. Der über das gesamte politische Spektrum geteilte Versuch einer politischen Aufwertung der Sitten im Untersuchungszeitraum stellt, so die generelle These, entgegen der bestehenden Forschung keinen umfassenden Rückgriff auf monistische Konzepte dar und mündet nicht in eine Überdetermination durch das Politische. Vielmehr kann gezeigt werden, wie in den untersuchten Ansätzen in der Auseinandersetzung sowohl mit republikanischen Traditionen wie auch unter Rückgriff auf die schottische politische Ökonomie eine Spannbreite an Modellen für das Verhältnis von Staat und Gesellschaft entwickelt wird. Diese reichen von liberal-republikanischen bis zu konservativen Ansätzen, sind skeptisch gegenüber bloß rechtlicher und wirtschaftlicher sozialer Integration und rekurrieren daher in veränderter Weise auf Sitten und Moral. Das Projekt leistet zugleich einen Beitrag zum Verständnis der Ausdifferenzierung der soziopolitischen Sprache an der Wende zum 19. Jahrhundert.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung