Detailseite
Projekt Druckansicht

Retinale Ganglienzellfunktion als objektiver Biomarker für Subgruppen depressiver Störungen

Fachliche Zuordnung Klinische Psychiatrie, Psychotherapie und Kinder- und Jugendspychiatrie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 462923710
 
Das Fehlen verlässlicher Biomarker ist eine enorme Herausforderung für die psychiatrische Diagnostik. Für depressive Störungen haben wir einen neuartigen, objektiven Ansatz entwickelt: Das Muster-Elektroretinogramm (PERG), ein aus der Ophthalmologie stammendes nicht-invasives Maß der retinalen Ganglienzellfunktion, ist in Patienten mit Depression um ca. 50% reduziert. Mutmaßliche Ursache ist eine Störung der Neurotransmitter-Homöostase, mit Beteiligung des dopaminergen Systems, das die visuellen Signale moduliert. In dem Projekt sollen die Voraussetzungen für den Routineeinsatz der Ganglienzellfunktionsmessung zur Diagnostik depressiver Störungen geschaffen werden.Die Ziele sind einerseits methodischer Art: Das technisch anspruchsvolle PERG erfordert eine gut korrigierte Optik des Auges, was in der psychiatrischen Routineanwendung nicht gewährleistet werden kann. Eine im Projekt zu prüfende Lösung bietet die photopic negative Response (PhNR), ebenfalls ein Korrelat der Ganglienzellfunktion. Diese Komponente des ERG wird von Ganzfeld-Blitzen ausgelöst, weshalb die Optik unerheblich ist. Eine zweite Hürde für den Routineeinsatz stellen die bislang verwendeten Kornea-Elektroden dar, welche nicht von allen Patienten toleriert werden. Technische Neuerungen erlauben die Messung von ERG-Blitzantworten, einschließlich der PhNR, mit gutem Signal-Rausch-Verhältnis mit Elektroden, die unterhalb des Auges auf der normalen Gesichtshaut angebracht werden. Entsprechende kommerzielle Geräte ermöglichen die Anwendung außerhalb der Ophthalmologie.Ein inhaltlicher Schwerpunkt des Projekts ist die Differentialdiagnostik. Es ist inzwischen Konsens, dass einem psychischen Störungsbild nach ICD-10 verschiedene pathophysiologische Mechanismen zugrunde liegen können. Somit ist zu klären, inwieweit unser Ansatz innerhalb des depressiven Formenkreises, zwischen Subtypen der affektiven Störungen zu differenzieren vermag und eine Störungsbild-übergreifende Abgrenzung zu Patienten mit Autismus-Spektrum- (ASS) und Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitäts-Störung ermöglicht. Ein wichtiger Fokus ist dabei die Aufklärung pathophysiologischer Zusammenhänge. Mithilfe des Blitz-ERG können Funktionsparameter anderer Zellen der Netzhaut erfasst werden, um die pathologisch bedingte Modulation der Signale in der Verarbeitungskaskade der Netzhaut nachzuvollziehen und daraufhin die Hypothesen zur Pathophysiologie zu überprüfen. Anhand eines breiten Spektrums von Patienten mit affektiven Störungen, ASS und ADHD, die untersucht werden, möchten wir (1) PhNR und PERG hinsichtlich ihres diagnostischen Potentials vergleichen, (2) unterschiedliche Elektrodenarten prüfen und (3) die nicht ganglienzell-assoziierten Parameter des ERG evaluieren, um (a) die genaue Pathophysiologie auf Netzhautebene aufzudecken und (b) ihr differentialdiagnostisches Potential zu prüfen. Die Kooperation der beteiligten Gruppen bündelt hierfür umfassende methodische Kompetenz mit ausgeprägter inhaltlicher Expertise.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung