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Adaptionen deutscher Varietäten in deutschsprachigen Dramen (16.–19. Jahrhundert)

Fachliche Zuordnung Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 463335012
 
Im Zentrum des beantragten Projekts steht die sprachliche Analyse deutscher Varietäten im Redeanteil einzelner Figuren in dramatischen Texten. Der Fokus liegt dabei auf Quellen, die dialektale Figurenrede in eine rahmenbildende Leitvarietät einbetten. Vollständig im Dialekt verfasste literarische Texte und die allgemeine Verwendung von mündlichen Strukturen sollen im Projekt nicht berücksichtigt werden. Relevant sind nur Fälle, in denen Dialekt im direkten und klar abgegrenzten Kontrast zu einer Schreibvarietät bzw. Standardsprache verwendet wird, denn hier kann das Verhältnis zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit bestmöglich erfasst werden. Untersucht werden Theaterstücke des Neuhochdeutschen vom 16. bis zum fühen 20. Jahrhundert. Dieses Zeitfenster ist besonders im Hinblick auf den komplexen Standardisierungsprozess des Deutschen relevant, in dessen Zuge sich die deutschen Dialekte zu einer Kontrastgröße gegenüber dem Standard entwickeln. In den Vorarbeiten wurde ein Korpus von 172 Dramen mit 196 Dialektadaptionen zusammengetragen, welches im Rahmen der ersten Projektmonate weiter ausgebaut werden soll, um ein repräsentatives Sample für sprachliche Analysen zu gewinnen.Das Projektziel ist die Durchführung detaillierter Analysen von Dialektadaptionen auf den Ebenen Phonologie, Morphologie und Syntax. Die extrahierten Einzelphänomene werden mit Daten moderner Dialekte (19. und 20. Jahrhundert) verglichen. Eine Gegenüberstellung dieser unterschiedlichen Daten erlaubt Rückschlüsse auf die Authentizität der Adaptionen, aber auch auf Strategien der Dialektverschriftlichung. Doch nicht nur die Frage, ob ein Dialekt korrekt adaptiert wurde oder nicht, ist von Interesse. Im Zentrum steht vielmehr die Beschreibung der allgemeinen Formbarkeit an der grammatischen Oberfläche geschriebener Sprache. Zu diesem Zweck soll geprüft werden, ob die ermittelten Dialektmarkierungen auf bestimmte Dialekte bzw. Dialektgruppen beschränkt auftreten oder ob Strukturen übergreifend und unabhängig von den einzelnen adaptierten Dialekten im gesamten Sample zu finden sind. Es soll dabei gezielt geprüft werden, ob besonders Strukturen Verwendung finden, die im Zuge der Standardisierung von Grammatikern stigmatisiert und im öffentlichen Diskurs abgelehnt wurden (z.B. Mehrfachnegation, tun-Periphrase, possessiver Dativ und Genitiv, bestimmte Diminutivsuffixe; vgl. Davies / Langer 2006; Weiß 2008; Langer 2001; Elspaß 2005: 73–74). Das übergreifende Ziel dahinter ist es zu prüfen, ob literarische Dialektadaptionen lediglich mit dem Kontrast „Mündlichkeit“ vs. „Schriftlichkeit“ bzw. „Substandard“ vs. „Standard“ spielen oder ob tatsächliches sprachliches Wissen (muttersprachliche Dialektkompetenz oder Laienwissen) in die Adaptionen einfließt. Das Projekt füllt damit entscheidende Wissenslücken zur Sprachgeschichte der deutschen Dialekte im Kontext des Standardisierungsprozesses.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Österreich, Russische Föderation
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner Professor Dr. Frank Fischer; Dr. Christina Katsikadeli; Professor Dr. Oswald Panagl
 
 

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