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Aktionssensitivität in der Grammatik

Fachliche Zuordnung Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 463357133
 
Ein neun Monate altes Kind kann menschliche Absichten erkennen, z.B. ahmt es die beabsichtigten, aber versehentlich unvollständigen oder verzerrten Gesichtsbewegungen eines Erwachsenen korrekt und vollständig nach. Dies ist eine kognitive Fähigkeit, die selbst der fortschrittlichsten KI-Technologie fehlt.Aber was sind Absichten und wie manifestieren sie sich im menschlichen Verhalten? Philosophie und Psychologie haben diese Fragen jahrhundertelang erörtert und sind zu dem Konsens gekommen, dass unsere Fähigkeit, Handlungen zu beabsichtigen und, was noch wichtiger ist, die Intentionen unserer Mitmenschen zu erkennen und zu teilen, die Grundlage für soziales Verhalten darstellen. Natürliche Sprachen haben mehrere Möglichkeiten, das Vorhandensein oder Fehlen von Absichten zu markieren, von einem speziellen "out-of-control"-Morphem in Lillooet (Salish), über verschiedene Fallmarkierungen für Subjekte mit absichtlichen und unabsichtlichen Handlungen in Hindi/Urdu, bis hin zur Verfügbarkeit einer ko-referentiellen Interpretation in Konjunktivkonstruktionen und einer nuancierten Verteilung polaritätssensitiver Indefinita in europäischen Sprachen. Ein tieferes Verständnis dessen, wie natürliche Sprachen Intentionen enkodieren, ist also eine dringliche Aufgabe für die Linguistik. Allerdings ist, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, der Einfluss von Intentionen auf die Grammatik natürlicher Sprachen in der Linguistik meist unterschätzt worden. Das Projekt stellt die erste systematische Untersuchung dieses Themas dar. Sein Ziel ist die Beantwortung von zwei Hauptfragen: Wie wird das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Intentionen in natürlichen Sprachen kodiert, und warum wird es auf diese besondere Weise kodiert?Die erste Frage wird durch die Erstellung einer empirischen Grundlage sprachlicher Manifestationen von Intentionen in verschiedenen Sprachen mittels einer Reihe experimenteller Studien und Datenerhebungen beantwortet. Dieser empirische Beitrag zum Problem wird nicht nur theoretischen Linguisten, die sich für das Thema interessieren, sondern auch Forschern in der experimentellen Philosophie und der diagnostischen Psychologie nützlich sein. Die zweite Frage wird durch die Entwicklung eines theoretischen Modells beantwortet, das die Auswirkung der Interpretation einer Handlung als absichtlich oder zufällig auf die Bedeutung des Satzes und aller seiner zusammengesetzten Teile erklärt. Da sich der Einfluss von Intentionen in verschiedenen Bereichen der Grammatik zeigt, wird dieses Modell wird ein integraler Bestandteil unserer Repräsentation der menschlichen Sprachfähigkeit sein.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich Dr. Thomas Weskott
 
 

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