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Geschichte der Meteorologie in Bayern

Antragsteller Dr. Peter Winkler
Fachliche Zuordnung Physik und Chemie der Atmosphäre
Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung von 2007 bis 2020
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 46363189
 
Erstellungsjahr 2020

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die Briefe des Augsburger Mechanikers Georg Friedrich Brander an das Stift Polling von 1754 bis 1781 wurden transkribiert und ausführlich kommentiert. Sie enthalten Informationen zu zeitpolitischen Fragen, zu technischen Fortschritten, zu Besuchern seiner Werkstatt und zu seinen übrigen Korrespondenten. Er berichtete über die Fertigung seiner Universalthermometer und die Schwierigkeit bei der Festlegung von Fixpunkten. Die Fertigung übereinstimmender Darmsaitenhygrometer wurde ebenfalls beschrieben. Mehrfach sind Angaben zur Lieferung astronomischer Instrumente für das Observatorium Hohenpeißenberg enthalten. Brander legte Wert auf eine gute Einweisung in die Gerätebedienung, wozu Chorherren aus Rottenbuch oder Polling nach Augsburg reisten. Brander war überaus gut über Neuigkeiten informiert, auch auf dem Buchmarkt. Er lieh sich immer wieder Literatur aus der Pollinger Bibliothek, um technische Details für seine Neuentwicklungen zu erarbeiten. Die Briefe des Regensburger Benediktiners Placidus Heinrich an den Augsburger Meteorologen Augustin Stark vermitteln Einblicke in die Bedingungen, unter denen die Augsburger meteorologischen Daten von 1811 bis 1825 zustande kamen. Heinrich fungierte als Mentor Starks, beriet ihn bei der Geräteauswahl, ihrer Bedienung und der Datenauswertung. Er konnte Stark aber nicht zu einer wissenschaftlichen Bearbeitung seiner Daten bewegen. Stark hätte leicht die Periodizität der Sonnenflecken erkennen können, was erst 1841 dem Dessauer Apotheker Schwabe gelang. Heinrich beriet Stark ab 1820 beim Umbau eines Stadtturms zu einem meteorologisch-astronomischen Observatorium. Heinrichs Briefe enthalten auch wertvolle Details zur meteorologischen Messreihe von Regensburg oder zum Besuch des Engländers Daniell, der eine Frühform des Taupunktspiegels entwickelt hatte und vorführte und wozu Heinrich einräumte, er habe das Verfahren nicht verstanden. Stark versuchte, mit Heinrich auch über astronomische Beobachtungen zu korrespondieren, doch ließ sich Heinrich darauf nicht ein. Die Geschichte der Meteorologie in Bayern wurde ab dem Mittelalter bis zum Jahr 1900 umfassend bearbeitet. Im Mittelalter gab es bereits astrometeorologische Prognoseverfahren, die allerdings deterministisch waren. In der frühen Neuzeit spielte die Phantasie eine bedeutende Rolle, abzulesen an Einblattdrucken zu optischen Himmelserscheinungen oder dem Hexenglauben. Die Hexenverfolgung erreichte um 1590 ihren Höhepunkt zu Zeit einer mehrjährigen Kälteperiode. Mit der Aufklärung begann die Instrumentenentwicklung und frühe Wetterbeobachtungen setzten ein, doch kam es in dieser Periode zu groben Überschätzungen von Wirkungen in der Meteorologie, etwa zum Einfluss des Mondes auf den Luftdruck, weil die Atmosphäre als inkompressibel vorgestellt wurde. Die Münchner Akademie der Wissenschaften richtete 1781 ein meteorologisches Messnetz ein, das bis 1800 betrieben wurde. Mehrfach kam es zu meteorologischen Preisfragen oder es gingen Abhandlungen zur Meteorologie ein. Die richtige Deutung der Entstehung von Beugungs- und Reflexionserscheinungen an Tröpfchen und Eiskristallen gelang Fraunhofer. Ab 1836 gab es durch Lamont große Fortschritte bei der Entwicklung neuer Messinstrumente für die vielfältigsten meteorologischen Parameter. Er konnte stündliche Werte registrieren und baute München zu einer der bestentwickelten Stationen in Europa aus. Seine fortgesetzten Bemühungen um die Wiedereinführung eines meteorologischen Beobachtungsnetzes in Bayern gelang nur für einen kurzen Zeitraum und wurde danach durch den Widerstand der Ministerien blockiert. Erst 1778 kam es nach internationalen Verständigungen auch zur Gründung einer Zentralstation in München, die dann sehr erfolgreich ein gut geführtes Beobachtungsnetz aufbaute und die Phase der wissenschaftlichen Forschung einführte. Die Edition der Protokolle der Bayerischen Akademie der Wissenschaften aus dem Zeitraum 1779 bis 1806 wurde möglich, weil ursprünglich zum Druck von anderen Publikationen vorgesehenen Mittel entfielen. Da die Meteorologie ein Schwerpunktprojekt der Akademie war, konnte diese wichtige Quelle als kommentierte Edition herausgegeben werden. Die Akademie betreute über 30 Stationen in Bayern und publizierte die Ergebnisse in neun Ephemeridenbänden. Es wurden meteorologische Preisfragen zur periodischen Variationen im Luftdruck durch den Mond und zum Gewitterschießen ausgegeben. Zum Wetterläuten erstellte sie ein Gutachten, das zum Verbot des Brauchs führte und das Wetterschießen gleichfalls verboten wurde. Stattdessen wurde das Setzen von Blitzableitern verbindlich. In Bayern erkannte man den gleichsinnigen Verlauf des Luftdrucks an allen Stationen und die typische Verlagerung von Druckminima von West nach Ost. Es zeigten sich Hinweise auf das Entstehen von Hochwasserrisiken nach ergiebigen Dauerniederschlägen, doch wurde der Zusammenhang nicht für Warnungen genutzt. Aus den Temperaturmessungen errechnete man Wärmesummen und bekam damit ein Maß für die Klimagunst eines Jahres. Die Datenerfassung führte zur objektiven Bewertung der Witterung eines Jahres, Extremwerte konnten jetzt genau durch Zahlen charakterisiert werden gegenüber dem sonst üblichen „Menschengedenken“. Die Akademie setzte Qualitätsmaßstäbe auf allen Tätigkeitsfeldern, verfolgte den Fortschritt in der Geschichte und der Naturwissenschaft, regte gelehrte Arbeiten an und fungierte als eine Art Patentamt. Ab dem Jahr 1800 ist eine starke Hinwendung zur Förderung der Technisierung zu erkennen. Die ab 1806 wieder aufkommenden Bestrebungen, das meteorologische Arbeitsprogramm wieder aufzugreifen, blieb ohne Erfolg und zeigt, dass wenn Grundlagenforschung erst einmal aufgegeben wurde, es ausgesprochen schwer ist, die Ministerien von der Wichtigkeit dieser Tätigkeit erneut zu überzeugen. Es wurden ausführliche Recherchen zu Handschriften vorgenommen, die infolge der Tätigkeit der Akademie entstanden sind.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2015). Die Kompetenz von Pollinger Augustinerchorherren in Kalenderangelegenheiten. Lech-Isar-Land, Jg. 2015, S. 307-331
    Winkler, P.
  • (2015). Eine historische Besucherliste (1797-1804) des Hohen Peißenbergs als Spiegel der Geschichte. Die geistlichen Besucher. In: Der Welf, Jg. 2015, S. 45–148
    Winkler, P.
  • (2015). Johann Carl Zinner. In: Mesto a dejiny roč. Vol. 4, č 2, S. 56–61
    Winkler, P.
  • (2016). Die Anfänge der Meteorologie in Oberbayern. Oberbayerisches Archiv, Bd. 140, S. 118–204
    Winkler, P.
  • (2017). Eine historische Besucherliste (1797-1804) des Hohen Peißenbergs als Spiegel der Geschichte. Die weltlichen Besucher. Der Welf, Jg. 2017, S. 65–200
    Winkler, P.
  • (2017). Georg Friedrich Branders Briefe an das Kloster Polling 1754-1780. Algorismus (Studien zur Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften, Ed. M. Folkerts), Band 83, S. 1- 358
    Winkler, P.
  • (2018). Keine Jahreszeit verzeiht der anderen etwas - Frühe meteorologische Beobachtungen aus dem Raum Deggendorf. Deggendorfer Geschichtsblätter, Bd. 40, S. 135–162
    Winkler, P.
  • (2018). P. Placidus Heinrich OSB (1758–1825) als Mentor von Augustin Stark. Ein bayerischer Gelehrtenbriefwechsel im Bereich der Meteorologie. SMBG, Bd. 129, S. 473–537
    Winkler, P.
  • Geschichte der Meteorologie in Bayern bis 1800. Geschichte der Meteorologie in Deutschland, Bd. 12, Offenbach, 2019, S. 1-236
    Winkler, P.
  • Vom Wandel des Blicks auf das Wetter. In: Wetter und Mensch (Ausstellungskatalog des Stadtmuseums Fürstenfeldbruck), 2019, S. 22-35
    Winkler, P.
  • (2020). Sessionen Protocollae Academia Scientiarum Electoralis Bavariae - Die Sitzungsprotokolle der Bayerischen Akademie der Wissenschaften 1779-1806. Weilheim, 816 S
    Winkler, P.
 
 

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