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Klima, Hungersnot und Pest: Eine Pilotstudie zu den Massengräbern des 14. Jahrhunderts in Erfurt aus interdisziplinärer Perspektive

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Physische Geographie
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung von 2021 bis 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 464607492
 
Der Antrag zielt auf die Lokalisierung und grobe Datierung zweier Massengräber des 14. Jahrhunderts in Erfurt, die mutmaßlich viele Hundert Tote der Großen Hungersnot 1315-21 und des Schwarzen Todes 1347-1352 bergen. Dabei ist der Antrag als Pilotprojekt zu verstehen, das die geoarchäologischen Gegebenheiten und die historische Überlieferung zu beiden Massengräbern klären soll, weswegen Geschichtswissenschaft und physische Geographie als Hauptantragsteller fungieren, während Paläogenetik, Archäologie, Anthropologie und Dendrochronologie bis zum Hauptantrag erst einmal flankierende Funktionen haben. Ziel ist es, die Grundlage für ein Folgeprojekt zu schaffen, das sich dann unter gleichberechtiger Einbeziehung aller oben genannten Disziplinen der Frage widmet, in welchem Zusammenhang Umweltveränderungen, Hungersnöte und der Ausbruch von Infektionskrankheiten stehen. Das Einmalige am Erfurter Fall ist, dass hier in geograpischer Nachbarschaft der Zusammenhang von Klima, Hunger und Pest studiert werden kann und die Massengräber heute noch zugänglich sind. Im Lauf des Projekts sollen folgende Ziele erreicht werden:(1) Ein systematischer Überblick des edierten und archivalischen Materials zu Erfurt im Untersuchungszeitraum, aber auch zu den Ausgrabungsstellen in ihrer weiteren Geschichte bis in die Gegenwart.(2) Klärung, welche hydroklimatischen Proxydaten, aber auch welche schriftliche Dokumente zur Verfügung stehen, um die klimatischen Verhältnisse im 14. Jahrhundert in und um Erfurt, aber auch übergreifend im mitteldeutschen Raum zu rekonstruieren.(3) Exploration des kulturhistorischen Hintergrunds beider Ereignisse mit hoher Mortalität, über die Forschung zu den Memorialprozessionen hinaus. Ein erster Schritt liegt darin, Flur- und Ortsnamen in Erfurt und Umgebung auf Bezüge zu Hunger, Massensterben und Pest zu untersuchen.(4) Die präzise Lokalisierung und Verifizierung der Massengräber von Schmidtstedt und Neuseß durch nicht-invasive Methoden der geophysikalischen Prospektion, aber auch durch minimalinvasive Methoden wie direct push-sensing und vibracoring.(5) Aus den durch die minimalinvasiven Methoden entnommenen Bohrkernen sollen Mikro-Holzkohlenstücke und organische Überbleibsel (Knochenfragmente) an den Untersuchungsstellen mit der C14-Methode auf ihre zeitliche Zuordnung zum 14. Jahrhundert überprüft werden.(7) Abschließend soll aus dem Projekt als Publikation eine gemeinsamer Artikel entstehen, der Explorationsmethoden und das weiterführende Potential der Pilotstudie für interdisziplinäre Arbeiten zum Wechselverhältnis von Umweltveränderungen und menschlichen Gesellschaften am Beispiel für Erfurt in der Krise des 14. Jahrhunderts zwischen Großer Hungersnot und Schwarzem Tod demonstriert.Die Pilotstudie ist somit der Auftakt für eine interdisziplinäre Kooperation mit hohem Gegenwartsbezug einerseits, aber auch großer Bedeutung innerhalb der Mittelalterlichen Geschichte und den historisch arbeitenden Naturwissenschaften.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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