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Kairos und Krisis: Strategien des Entscheidens im byzantinischen Militärwesen vom 6. - 12. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 464848232
 
Dynamiken und Prozesse des Entscheidens als zentrale operative Bereiche des byzantinischen Heeres stehen im Mittelpunkt der Betrachtung. Militärische Befehlshaber hatten bei einer militärischen Aktion ständig zu entscheiden und ihr Handeln auf variablen Parametern zu gründen. Diese betrafen die logistischen Grundlagen und das strategische Wissen. Aus gegenwärtigen Gegebenheiten musste für eine naheliegende (zukünftige) entscheidende Handlung entschieden werden: Entscheiden ist also eine teleologisch angelegte Aktion, bei der die Entscheidungsschlacht den Kulminationspunkt darstellte. Dazu tritt die Herausforderung für den Feldherren, kontingente Ereignisse effizient zu bewältigen. Die Begriff Entscheidung ist in der Projektlogik komplementär als der Endpunkt des Entscheidens zu verstehen und steht außerhalb des Fokus der Untersuchung. Folgende Aspekte werden betrachtet:1. Es werden Formen und Dynamiken des militärischen Entscheidens im byzantinischen Heerwesen vornehmlich vom 6. bis zum 12. Jahrhundert systematisch in den Blick genommen. Entscheiden wird in den byzantinischen militärtaktischen und historiographischen Quellen thematisiert, es zeigt sich, dass sowohl ein Bewusstsein unterschiedlicher Entscheidenspraktiken als auch ein explizites Entscheidenswissen vorhanden war und auf abstrakter Ebene darüber reflektiert wurde. ‚Entscheiden‘ wird als eine wohlüberlegte, ernstzunehmende und folgenschwere Handlung des Feldherren verstanden und stellt einen brisanten Prozess dar, welcher in seinen Konsequenzen über Erfolg (Sieg) und Misserfolg (Niederlage) bestimmt.2. Gesteuert wird das militärische Entscheiden durch das spezifische Zeitregime strategischer und taktischer Prozesse: Auf den Punkt gebracht drückt das Wort kairos (der richtige, kritische oder günstige Moment) die Rechtzeitigkeit des Erkennens einer Handlungsmöglichkeit und zugleich die situative Angemessenheit einer Handlung aus. An der Spitze des komplex organisierten byzantinischen Heerwesens stand der Heerführer als der letztverantwortliche Entscheider, der idealerweise umsichtig, achtsam, nachhaltig und effizient handelt. Entscheidend ist dabei auch, dass dem feindlichen Gegenüber die eigenen Vorhaben möglichst lange bis zu einem überraschenden Moment unvorhersehbar und geheim bleiben.3. Um den Entscheidensprozess klarer und reicher an Optionen zu gestalten, konnte dieser durch die Einbeziehung von externen Ressourcen (Beratung durch Experten oder schriftliches Wissen) verbessert werden. 4. Herauszufinden wird auch sein, wie sich Entscheidungsprozesse in krisenhaften militärischen Situationen darstellen, wenn also neu, gegen Handbuchwissen oder gar nicht entschieden wird. Solche Situationen werden in den narrativen Quellen oft dargestellt, da sich darin einerseits das Feldherrenglück oder andererseits die schuldhaft verursachte militärische Katastrophe offenbart.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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