Ungulate domestication and early animal husbandry in the Upper Euphrates basin
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ziel des Projektes war es, mit Hilfe von Tierresten aus mittelpaläolithischen bis frühneolithischen archäologischen Kontexten in Westsyrien und Südost- und Zentralanatolien unter Einbeziehung eines möglichst breiten Methodenspektrums zunächst die ökologischen und ökonomischen Gegebenheiten während des ausgehenden Pleistozäns und im frühen Holozän im nördlichen Fruchtbaren Halbmond darzustellen und die Anfänge der Haustierwerdung sowie die Entwicklung der frühen Haustierhaltung in diesem Gebiet nachzuzeichnen. Demnach darf man sich Südost- und Zentralanatolien zu Beginn des Holozäns mit lichten Laubwäldern und ausgedehnter Graslandschaft (C3-Biom) vorstellen, während in Westsyrien deutlich trockenere Bedingungen herrschten. Ihre Fleischversorgung sicherten die Bewohner am Übergang vom Pleistozän zum Holozän durch die Jagd, wobei im Spätnatufien Kleinwild (Hase, Schildkröte, Singvögel) eine bedeutende Rolle spielte. Diese Subsistenzform wird als Broad Spectrum Revolution bezeichnet und mit Engpässen bei der Beschaffung von (Fleisch)Nahrung erklärt. Auslöser sollen die höhere Bevölkerungsdichte (Sesshaftigkeit) und das trocken-kalte Klima der jüngeren Dryaszeit gewesen sein. Ganz so trocken kann es aber in den Ostausläufern des Anti-Libanon-Gebirges nicht gewesen sein, da gerade zu dieser Zeit auch Fischfang möglich war, was in dieser Region eher höhere Niederschlagsmengen voraussetzt. Diese könnten sich zunächst positiv auf die Gras- bzw. Strauchvegetation ausgewirkt haben, wodurch zeitlich begrenzte Gunsträume für an offenes Grasland angepasste Tierarten, wie etwa den Hasen, entstanden. Deren höhere Populationsdichten brachten eine intensivere Bejagung mit sich. Im akeramischen Neolithikum A (9500-8700 v. Chr.) basiert die Fleischversorgung der Bewohner des oberen Euphratbeckens auf Großwild, vor allem Gazelle und Halbesel. Je nach Naturraum spielten Arten wie Auerochse, Wildschaf, Rothirsch oder Mesopotamischer Damhirsch ebenfalls eine Rolle. Während man im Frühneolithikum vielerorts von einer Siedlungspermanenz ausgehen kann, deuten die Faunenanalysen für Göbekli Tepe an, dass dieser Kultplatz wohl jahreszeitlich begrenzt aufgesucht wurde, vermutlich im Hochsommer und im Herbst. Im akeramischen Neolithikum B (ca. 8700-7000 v. Chr.) sind in allen Teilen des Untersuchungsgebietes tiefgreifende Veränderungen in den Archäofaunen zu erkennen, die letztlich nur mit dem Übergang zur Haustierhaltung und somit mit der Umstellung von der aneignenden zur produzierenden Wirtschaftsweise zu erklären sind. Obgleich im frühen akeramischen Neolithikum B (ca. 8700-8200 v. Chr.) die Anfänge der Haustierhaltung an mehreren Orten nachgewiesen werden können, unterscheiden sich die Fundorte abhängig von den naturräumlichen Gegebenheiten in den Arten, die man in den Hausstand übernahm bzw. deren Haltung mit der Zeit intensiviert wurde. Noch im akeramischen Neolithikum B führte die Ausbreitung und Intensivierung der Nutztierhaltung aber dazu, dass nunmehr C4-Planzen in das C3-Biom vordringen konnten, was in Abwesenheit klimatischer Veränderungen als Indiz für eine anthropogen bedingte Degradation der Landschaft interpretiert werden kann. Im Rahmen dieses Projekt konnten wir jedenfalls in Teilen das Wann und Wo der Huftierdomestikation besser als bisher beantworten bzw. ältere Ergebnisse präzisieren. Die Schlüsselfrage nach dem Warum und damit nach den ökologisch-kulturellen Voraussetzungen für diesen gravierenden Umbruch lässt sich unseres Erachtens jedoch nicht einzig und alleine aus dem Faunenmaterial beantworten. Zweifelsohne war die Kenntnis der Lebenszyklen der Huftiere eine wichtige Voraussetzung für ihre Domestikation, jedoch mag für die menschliche Kontrolle über die Ressource „Tier“ auch jener Wandel in der Mentalität entscheidend gewesen sein, den wir möglicherweise am Kultplatz Göbekli Tepe fassen: Die Tatsache, dass die Pfeiler Anthropomorphe repräsentieren, auf deren „Körpern“ verschiedene Spezies, von Insekten bis hin zu Auerochsen abgebildet sind, könnte bedeuten, dass im damaligen Weltbild der Mensch bereits eine Sonderstellung innehatte, sodass er jetzt „über den Tieren“ stand.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Feeding humans and animals at Pre-Pottery Neolithic Nevali Çori (SE-Anatolia) as evidenced by stable isotope analysis. In: Vila E., Gourichon L., Buitenhuis H., Choyke A. (Eds.): Archaeozoology of the Southwest Asia and Adjacent Areas. 2008, VIII, pp. 197-217. Lyon: Travaux de la Maison de l'Orient, 49
GRUPE G., PETERS J.
- Modelling Middle Paleolithic land use in the Damascus Province, Syria. In: Conard N.J., Delagnes A. (Hrsg.) Settlement Dynamics of the Middle Paleolithic and Middle Stone Age. 2010. 123-144. Tübingen: Kerns.
CONARD N.J., MASRI M., BRETZKE L., NAPIERALA H., KANDEL A.W.
- Rekonstruktion des Streifgebietes von Wildbeutern des PPNA im oberen Euphrattal anhand von Sr-Isotopien des Jagdwildes. In: Hahn O., Hauptmann A., Modarressi-Tehrani D., Prange M. (Hrsg), Archäometrie und Denkmalpflege 2010. Metalla Sonderheft 3, Bochum 2010, S. 203-205.
LANG, C., PETERS, J., GRUPE, G., UERPMANN, H.-P.
- The 2008 Excavations at the Middle Paleolithic site of Wadi Mushkuna Rockshelter, Damascus Province, Syria. 2010b. Chroniques Archéologiques en Syrie 2010, 13-22.
CONARD N.J., MASRI M., BRETZKE K., NAPIERALA H., WELTE B., KANDEL A.W.
- The 2008 TDASP Survey in the Damascus Province, Syria and the refinement of models of Paleolithic landuse. 2010a. Chroniques Archéologiques en Syrie 2010, 23-30.
CONARD N.J., MASRI M., BRETZKE K., NAPIERALA H., WELTE B., KANDEL A.W.
- Climate conditions, hunting activities and husbandry practices in the course of the Neolithic transition. The story told by stable isotope analysis of human and animal skeletal remains. In: Pinhasi R. & Stock J.T. (eds.): Human Bioarchaeology of the transition to agriculture. 2011. pp. 63-85. Hoboken, NJ: Wiley-Blackwell.
GRUPE G., PETERS J.
- Contents that matter: “Probleme der Neolithisierung des Mittelmeerraums” revisited. In: Conard N.J., Drechsler P., Morales A. (eds.), Between Sand and Sea. The Archaeology and Human Ecology of Southwestern Asia. 2011, pp. 53-68. Tübingen: Kerns
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- Meta-analysis of zooarchaeological data from SW Asia and SE Europe provides insight into the origins and spread of animal husbandry. J. Achaeol. Science 2011, 38: 538-545.
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- Poor DNA preservation in bovine remains excavated at Pre-Pottery Neolithic Göbekli Tepe (Southeast Turkey): brief communication. In: Kaiser E., Burger J., Schier W. (eds.), Population dynamics in Prehistory and Early History. New Approaches by using Stable Isotopes and Genetics. 2012. pp. 41-44. Berlin: de Gruyter.
WIECHMANN I.