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Deutsche Opferschaftserinnerungen: Die Rolle von (motivierter) Erinnerungsverzerrung und Transmission

Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 465782930
 
Bei ihrem Besuch im ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz im Jahr 2019 betonte Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass die Verantwortung für die damaligen Taten untrennbar zu Deutschland gehörte. Das Bewusstsein um die historische Täterschaft sei in Deutschland ein fester Teil der nationalen Identität. Trotz der deutlichen Sichtbarkeit deutscher NS-Täterschaft im gesellschaftspolitischen Diskurs, weisen empirische Untersuchungen in Deutschland seit drei Jahrzehnten konsistent auf eine verstärkte Wahrnehmung der Deutschen als Opfer des Nationalsozialismus hin. Diese verstärkte Sichtbarkeit deutscher Opferschaft -die dem öffentlich vorherrschenden Täternarrativ entgegensteht- ist bislang noch nicht psychologisch untersucht. Psychologisch betrachtet könnte ein solches Muster sowohl auf Unterschiede in der Erinnerung als auch auf Unterschiede in der interpersonellen Weitergabe (Transmission) von Informationen über Täter- und Opferschaft zurückgeführt werden. Bisher gibt es jedoch kaum Forschung, die die deutsche Opferschaftswahrnehmung empirisch adressiert und dabei systematisch die Rolle von Erinnerungs- und Transmissionsprozessen untersucht. Dies möchte das vorliegende Projekt ändern. In einer ersten Reihe von Experimentalstudien wird signalentdeckungstheoretisch untersucht, ob die Opferschaft der eigenen Gruppe im Vergleich zur Täterschaft der eigenen Gruppe und der Opferschaft einer anderen Gruppe emotional gebiased repräsentiert wird. Eine zweite Studienreihe untersucht mit Hilfe des Paradigmas der seriellen Reproduktion, ob sich Erzählungen über historische Ereignisse inhaltlich und sprachlich unterscheiden, je nachdem ob dabei die eigene Gruppe zu den Opfern oder den Tätern gehört. Der letzte Projektteil bezieht motivationale Prozesse mit ein. Dabei wird auf Basis eines etablierten bedürfnisorientierten Modells untersucht, ob die in den ersten beiden Projektteilen untersuchten Erinnerungs- und Transmissionsverzerrungen durch die experimentelle Erfüllung des Bedürfnisses nach moralischer Wiederherstellung unterbunden werden können. Somit zielt das Projekt darauf ab, die bisher kaum psychologisch untersuchten Prozesse zu beleuchten, die der wahrgenommenen kollektiven Opferschaft in historischen Tätergruppen zugrunde liegen können.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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