Alternative Wege zum Text durch Diktieren mit Spracherkennung: Untersuchungen zur Schreibflüssigkeit transkriptionsschwacher SchülerInnen in sprachlich heterogenen Lerngruppen
Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Die hier berichtete Studie leistest einen Beitrag zu der Frage, inwiefern das DmS als alternative Form der Textproduktion für schwächere SchülerInnen in sprachlich heterogenen Lerngruppen geeignet ist. Der sprachliche Hintergrund ist beim DmS von Bedeutung, weil die Genauigkeit der Sprachverarbeitung u. a. von den Eigenschaften der SprecherInnen beeinflusst wird. Die durchgeführten Analysen bestätigen z. T. Ergebnisse aus vorausgehenden Studien und sind insofern sowie auch hinsichtlich der vorab formulierten Forschungsannahmen erwartungskonform. Dazu gehört das Resultat, dass transkriptionsschwächere SchülerInnen beim DmS signifikant korrektere Texte verfassen als beim HS. Mit Blick auf die Textlänge tragen die neuen Ergebnisse aber zu einer (in dieser Form nicht erwarteten) Ausdifferenzierung bei: In der untersuchten Stichprobe haben die Schüler – nicht jedoch die Schülerinnen – beim DmS längere Texte als in der HS verfasst. Dieser geschlechterspezifische Unterschied sollte in Folgestudien genauer untersucht werden. Mit Blick auf die sprachlichen Hintergründe wurde festgestellt, dass sich sowohl bei der Textlänge als auch hinsichtlich der Akkuratheit Unterschiede zwischen SchülerInnen mit dF, mit dndF und SE zeigen und dass, wie angenommen, die Gruppe der SE am wenigsten vom DmS im Vergleich zur HS profitiert. Da die Anzahl von SE unter den am Projekt teilnehmenden SchülerInnen jedoch sehr gering ist, müssen diese (wie auch die anderen Ergebnisse der Studie) für größere Stichproben überprüft werden. Einen wichtigen Beitrag zum Forschungsdiskurs leisten die in der vorliegenden Studie durchgeführten Prozessanalysen, die bisher für den Vergleich von HS und DmS ein Desiderat darstellten. Hier zeigte sich, dass schwächere SchülerInnen beim DmS in der Lage sind, längere Formulierungssequenzen (Bursts) zu verfassen. Dies kann als Anzeichen dafür gewertet werden, dass transkriptionsschwache Lernende beim DmS Formulierungskompetenzen zum Ausdruck bringen, die beim HS nicht sichtbar werden. Dieses besondere Potential des DmS dokumentieren auch die durchgeführten Fallstudien. Die Fallanalysen machen zudem deutlich, dass sich beim DmS ein sehr komplexes Zusammenspiel ergibt zwischen den Sprachprofilen der Diktierenden (v. a. undeutliche Artikulation), der Leistungsfähigkeit der Diktiersoftware und den spezifischen Rahmenbedingungen in der Schreibsituation (z. B. Störgeräusche). Um den hier im Fokus stehenden transkriptionsschwachen SchülerInnen aus sprachlich heterogenen Lerngruppen eine möglichst autonome Teilhabe an Schriftkommunikation zu ermöglichen, wurden als Ausblick für die weiterführende Gestaltungen von Förderkonzepten (und deren Überprüfung in Folgestudien) Vorschläge gemacht, wie junge Menschen über das Diktieren mit menschlichen SkriptorIn an das selbständige DmS herangeführt werden können.
