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Auswirkungen der Ausbildungsduldung auf die Bildungsintegration geflüchteter Jugendlicher: Eine partizipative Längsschnittstudie

Antragstellerin Dr. Katharina Wehking
Fachliche Zuordnung Bildungssysteme und Bildungsinstitutionen
Förderung Förderung von 2021 bis 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 466396009
 
Erstellungsjahr 2023

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Projekt untersuchte das bisher kaum beforschte rechtliche Novum der Ausbildungsduldung vor dem Hintergrund seiner Wirkmächtigkeit auf die (Aus-)Bildungsverläufe Geflüchteter. Mit der Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) besteht für neuzugewanderte Menschen in unsicheren Aufenthaltssituationen die Möglichkeit, für die im Ausbildungsvertrag bestimmte Ausbildungsdauer eine Duldung zu erhalten, wenn eine qualifizierte Berufsausbildung aufgenommen wird. Mit der Ausbildungsduldung wird eine Ausbildung folglich zur Voraussetzung, um Aufenthaltschancen in Deutschland zu verbessern. Anhand von Interviews mit geflüchteten Auszubildenden in Niedersachsen und Bayern wurde die Frage untersucht, inwiefern sich die Ausbildungsduldung, die alleine an die Absolvierung einer Berufsausbildung und damit an das erfolgreiche Erbringen von Integrationsleistungen gekoppelt wird, auf die Ausbildungsverläufe Geflüchteter auswirkt. Die Ergebnisse zeigen, dass für geflüchtete Auszubildende eine multifaktorielle Belastungssituation besteht, da es zahlreiche Stressoren gibt, die ihre Ausbildung erschweren. Geflüchtete mit einer (Ausbildungs-)Duldung unterliegen zusätzlichen Einschränkungen, die sich aus ihrem eingeschränkten juridischen Kapital ergeben. Es lässt sich konstatieren, dass die Wirkmächtigkeit der Duldungsstatus zahlreiche Ebenen des Ausbildungsverlaufs der Betroffenen direkt beeinflusst oder gar erschwert, sodass Geflüchtete mit einer Duldung eine Ausbildung unter ungleichen sozialen und rechtlichen Bedingungen absolvieren. Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Befragten mit einer Ausbildungsduldung eine Ausbildung oftmals auch dann weiterbetreiben, wenn ihre Ausbildungswahl nicht passend ist oder sie Diskriminierungs- und Rassismuserfahrungen im Betrieb oder in der Berufsschule erfahren. Schließlich ist eine Ausbildung bei ihnen alternativlos, da die Angst einer Abschiebung bei den Betroffenen besteht und ein Verlust des Ausbildungsplatzes möglicherweise das individuelle Aufenthaltsrecht bedroht. Durch die Ausbildung entstehen somit starke Abhängigkeiten und ein erheblicher Leistungs- und Erfolgsdruck, was sich negativ auf die berufliche Handlungsfähigkeit und das Wohlbefinden der Auszubildenden auswirken kann. Die Projektergebnisse unterstreichen deutlich, dass die meritokratische Verknüpfung von Aufenthaltssicherung mit Ausbildungs- und Arbeitsmarkterfolg Einzug in die deutsche Flüchtlingspolitik erhalten hat. Die Erkenntnisse sind somit anschlussfähig an die wissenschaftliche Debatte, die nicht nur in Deutschland, sondern auch in zahlreichen anderen europäischen Ländern kritisch diskutiert wird, in denen ebenfalls eine meritokratische Verknüpfung von Aufenthaltssicherung mit Ausbildungs- und Arbeitsmarkterfolg verfolgt wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Der Zwang zum erfolgreichen Ausbildungsabschluss – Die Ausbildungsduldung als ambivalenter Rechtsstatus bei Geflüchteten in unsicheren Aufenthaltssituationen. In: bwp@ Berufs- und Wirtschaftspädagogik – online, Ausgabe 42, 1-28. ISSN 1618-8543.
    Wehking, Katharina
  • „Bildungsteilhabe oder Prekarisierung? – Die Ausbildungsduldung als ambivalentes Steuerungsinstrument bei Geflüchteten in unsicheren Aufenthaltssituationen“. Vortrag bei der BWP-Sektionstagung am 28.09.2022 in Freiburg.
    Wehking, K.
  • „Bildungsteilhabe oder Prekarisierung? – Die Ausbildungsduldung als politisches Steuerungsinstrument bei Geflüchteten in unsicheren Aufenthaltssituationen“. Vortrag auf der 4. Konferenz des Netzwerks Fluchtforschung am 29.09.2022 in Chemnitz (digital).
    Wehking, K.
  • „Integration von neu Zugewanderten in Gesellschaft und Beruf“ Vortrag (Fachforum III) auf dem Zentralen Baden-Württemberg Fachtag „BO – durchstarten“ am 09.11.2022 in Stuttgart (digital).
    Wehking, K.
  • Bedeutung der Gelegenheits- und Opportunitätsstrukturen für die Bildungsintegration von jungen Geflüchteten. In: Frommberger, D.; Lange, S.; Bals, T.; Grunau, J.: Osnabrücker Schriften zur Berufs- und Wirtschaftspädagogik.
    Hamelmann, Alisa
  • Educational inclusion or inequality? Opportunities and barriers for refugees with a temporary suspension of deportation for the purpose of training in the German vocational education and training system. Journal of Education and Work, 36(6), 426-445.
    Wehking, Katharina
  • Qualitative Interviewdaten des DFG Projekts: Auswirkungen der Ausbildungsduldung auf die Bildungsintegration geflüchteter Jugendlicher.
    Wehking, K.
 
 

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