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Treibende und begrenzende Faktoren adaptiver Diversifizierung von Reisfischen des Poso-Sees, eines Artenschwarms von Modellorganismen

Antragstellerinnen / Antragsteller Dr. Astrid Böhne; Dr. Fabian Herder
Fachliche Zuordnung Systematik und Morphologie der Tiere
Evolution, Anthropologie
Ökologie und Biodiversität der Tiere und Ökosysteme, Organismische Interaktionen
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 466783002
 
Radiationen, die Evolution von Artenvielfalt in sich rasch aufspaltenden Linien, haben einen Großteil der globalen Artenvielfalt hervorgebracht. Die Prozesse, die Radiationen hervorbringen, stehen im Fokus eines aktiven Forschungsfeldes, und werden kontrovers diskutiert. Artenschwärme in Inselhabitaten ermöglichen es, die genomischen Seite adaptiver Divergenz zu untersuchen, einschließlich der Prozesse retikulärer Evolution. „Ökologische Chance“ wurde als eine der wesentlichen Triebfedern adaptiver Radiation ausgemacht, kann aber nicht hinreichend erklären, warum sich evolutionäre Linien in ihrer Möglichkeit zur Anpassung und Diversifizierung unterscheiden. Hybridisierung verwandter Linien kann genetische und phänotypische Variation erhöhen, was die Auseinanderentwicklung von Populationen in Anpassung an ihre Umwelt erleichtern kann. Wir testen Hypothesen zur Bedeutung ökologischer Chance und Hybridisierung in der Radiation einer kleinen Gruppe von Fischen, die nahe mit dem bedeutenden Modellorganismus Reisfisch (Oryzias latipes) verwandt ist. Diese monophyletische Linie dreier Oryzias-Arten ist im erdgeschichtlich alten Poso-See der Insel Sulawesi endemisch. Wir untersuchen ob ökologische Speziation die Evolution dieser Reisfische erklären kann, und stellen die Hypothese auf, dass Konkurrenz mit einer sympatrisch vorkommenden, aber nicht näher verwandten Linie von Reisfischen das Spektrum der Radiation begrenzt. Wir untersuchen darüber hinaus, ob Hybridisierung mit Flussfischen im Kontext ökologischer Chance die Evolution der Seenfische beeinflusst hat. Vorläufige Felddaten weisen auf distinkte Habitatnischen der drei Arten hin, im Einklang mit Unterschieden in ihrer Morphologie, und in funktionell relevanten Merkmalen mit trophischer Relevanz. Die Daten liefern außerdem Hinweise auf Nischenkomplementarität mit den sympatrisch vorkommenden Reisfischen. Wir werden diese Beobachtungsdaten durch die Implementierung ROV-basierter Transekterfassungen weiter ausbauen, um die Habitatnutzungsmuster im Detail charakterisieren zu können – basierend auf angemessenen Stichprobengrößen, und unter Einbeziehung tieferer Wasserschichten und des Pelagials. Die Feldarbeiten haben darüber hinaus zur Entdeckung einer möglichen Hybridpopulation geführt, die genomische Introgressionssignale erklären könnte. Erste RADseq Daten unterscheiden die drei Seenarten, und weisen auf enge Verwandtschaft der möglichen Hybridfische mit zweien der Seenarten hin. Erweiterte Aufsammlungen und die hier vorgeschlagene Sequenzierstrategie, die mögliche Elternpopulationen aus der näheren Umgebung des Sees umfasst, erlauben die Hybridisierungsthese zu testen – ein Vorhaben, das von der Nähe der hier untersuchten Arten zum Modellorganismus Medaka profitiert. Die Analysen werden zu einem umfassenden Verständnis der evolutionären Geschichte, und den treibenden Kräften adaptiver Divergenz des kleinen, im Poso-See endemischen Oryzias-Artenschwarmes führen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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