Detailseite
Projekt Druckansicht

Parasiten. Literatur- und wissensgeschichtliche Untersuchungen zu einer Mensch-Tier-Figuration im langen 19. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaft; Kulturwissenschaft
Germanistische Literatur- und Kulturwissenschaften (Neuere deutsche Literatur)
Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 468103661
 
Das Projekt untersucht die Literatur- und Wissensgeschichte der Parasiten vom ausgehenden 18. bis zum beginnenden 20. Jahrhundert. Heuristisch unterscheidet es dabei zwei Phasen: eine ‚organologische‘ Phase, in welcher der Parasitismus als die Relation zweier Lebewesen konzipiert wird; und eine ‚ökologische‘ Phase, in der Parasiten als Mitbewohner natürlicher Umwelten gedacht werden. Grundlage der Untersuchung ist ein integratives Korpus, das sich gleichermaßen aus literarischen wie naturwissenschaftlichen Texten zusammensetzt. Methodisch-theoretischer Rahmen des Projekts sind die Science and Literature Studies im Allgemeinen, die Cultural and Literary Animal Studies im Besonderen. Diese methodisch-theoretische Rahmung ermöglicht einen neuen Blick auf das Material, der über die bisher vorliegende Forschung zu diesem Feld substantiell hinausgeht. Denn, so soll gezeigt werden, der Parasit ist nicht nur ein kulturtheoretischer Topos, nicht nur ein literarisches Motiv; der literarische Parasit ist nicht nur das bloße Echo des wissenschaftlichen Parasiten, nicht nur eine einfache Metapher für soziale Phänomene. Vielmehr ist der Parasit – betrachtet man ihn in seiner literatur- und wissensgeschichtlichen Figuration – gerade der Ort, an dem sich Voraussetzungen, Möglichkeitsbedingungen, Begleiterscheinungen und Effekte dieser gängigen Zuschreibungen untersuchen lassen.Aus dieser Perspektive kann zunächst einmal die ‚organologische‘ Begründungsgeschichte der Parasitologie als wissenschaftlicher Disziplin im frühen 19. Jahrhundert und deren zunehmende ‚Ökologisierung‘ im Verlauf des Jahrhunderts neu und anders erzählt werden. Dies ist indes nur ein Nebeneffekt des Projekts. Im Zentrum stehen die Verschränkungen, Wechselbeziehungen und fortgesetzten Reflexionen zwischen den Textsorten (Literatur/Wissenschaft) und Denkmodellen (organologisch/ökologisch) sowie die sich ergebenden literaturtheoretischen (Metaphorologie, Erzählverfahren, usw.) und tiertheoretischen (Companion Species, Agency, usw.) Implikationen. Entfaltet wird dies auf fünf exemplarischen Feldern, die zugleich die sich im Untersuchungszeitraum sukzessive verschiebenden Schwerpunkte abbilden: erstens „Läuse und Flöhe“ als traditionsreiche Begründungstiere der wissenschaftlichen Parasitologie; zweitens die den Menschen bewohnenden „Innentiere“ als Herausforderung der Sicht- und Erzählbarkeit; drittens die „Pflanzenparasiten des Menschen“, z.B. Mykosen, als Übergang ins ökologische Denken; viertens die in der zweiten Jahrhunderthälfte in ihren sozialen Dimension und ihrer raumordnenden Kraft thematisierten „Blutsauger“ Wanze und Egel; und fünftens schließlich, unter Einschluss postkolonialistischer Perspektiven, der Zusammenhang von „Infektion und Tropen“.Eine internationale Tagung im dritten Jahr des Antragszeitraums wird die historische Perspektive des Projekts mit aktuellen und systematischen Debatten um die Figur des Parasiten verbinden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung