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Die ultraschnelle Reaktionsdynamik einer enzymkatalysierten Reaktion - eine Analyse der lichtinduzierten Primärprozesse bei der Enzymkatalyse in der NADPH-Protochlorophyllid-Oxidoreduktase (EC 1.3.1.33)

Fachliche Zuordnung Biologische und Biomimetische Chemie
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 46854702
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Die wissenschaftlichen Arbeiten im Rahmen dieses Projektes verfolgten das Ziel, einen Einblick in die primären Reaktionsschritte einer Enzymkatalyse zu gewinnen, um daran die Ursachen für deren hohe Selektivität und Effizienz zu verstehen. Die von der NADPH:Protochlorophyllid-Oxidoreduktase (POR, EC 1.3.1.33) katalysierte Reaktion, die lichtinduzierte Reduktion von Protochlorophyllid (PChlide) zu Chlorophyllid (Chlide), ist eine Schlüsselreaktion bei der Chlorophyllbiosynthese. Die Untersuchungen, bisher am pseudoternären POR-Komplex (POR-PChlide-NADP+) durchgeführt, zeigen nach der elektronischen Anregung des Substrats eine Verzweigung des Reaktionsweges in einen reaktiven und nicht-reaktiven Kanal. Über den reaktiven Kanal entsteht mit einer Bildungskinetik von ~30 ps ein intramolekularer Ladungstransferzustand (ICT), in dem durch den Cyclopentanonring Elektronendichte aus dem Porphyrinringsystem des PChlides abgezogen wird. Der ICT-Zustand ist als Übergangszustand der Enzymkatalyse zu betrachten. Er wird über die Ausbildung von Wasserstoffbrückenbindungen und/oder polare Wechselwirkungen mit den Aminosäuren im Substratbindungsmotiv des aktiven Zentrums stabilisiert. Der Austausch der polaren gegen unpolare Aminosäuren durch eine site-directed Mutagenese führt zu einem dramatischen Aktivitätsverlust. Diese Experimente zeigen auch, dass den polaren/geladenen Aminosäuren eine wesentliche Funktion bei der Optimierung der Substratbindung zukommt. Über beide Effekte, die Optimierung der Substratbindung und Stabilisierung des Übergangszustands, wird die Aktivierungsenergie für die Photoreduktion herabgesetzt und die Geschwindigkeit der enzymatischen Reaktion nachdrücklich erhöht. Der in Konkurrenz zum reaktiven Kanal verlaufende nicht-reaktive Kanal mündet in der Population des Triplettzustands. Im Vergleich zum nicht-enzymgebundenen Substrat findet in der POR das intersystem crossing in den Triplettzustand nur noch eingeschränkt statt. Die nicht-radiative Ratenkonstante (knr) ist hier um 40% gegenüber dem Wert im nichtenzymgebundenen Substrat herabgesetzt. Die verminderte Bevölkerung des Triplettzustands ist als Schutzfunktion, die das POR-Enzym übernimmt, zu bewerten. Dadurch verringert sich das Risiko für die Bildung von reaktiven Sauerstoffspezies (ROS) infolge eines Triplett-Triplett Energietransfers. Die Reaktionsquantenausbeute für die Photoreduktion des PChlides zum Chlide entlang des reaktiven Kanals hängt von der Anregungswellenlänge ab. Unabhängig von der Isoform oder evolutionären Herkunft der POR ist sie im Vergleich zur Anregung in die blaue Absorptionsbande bei Anregung in die rote Absorptionsbande deutlich höher. Die Optimierung der Photochemie auf den roten Spektralbereich reflektiert die Anpassung der Enzymaktivität an die natürlichen Lichtverhältnisse, da das Sonnenlicht einen höheren Photonenfluss im roten als im blauen Spektralbereich aufweist. Die Ursache für die von der Anregungswellenlänge abhängige Reaktionsquantenausbeute liegt schon in der initialen Reaktionsdynamik begründet. Nach Anregung in die blaue Absorptionsbande wird der Triplettzustand bereits über einen sub-2 ps Prozess bevölkert. Die Desaktivierung entlang dieses Kanals konkurriert mit der entlang des reaktiven Kanals und erklärt die geringere Reaktionsquantenausbeute für die Photoreduktion. Im Gegensatz dazu wird nach Anregung in die rote Absorptionsbande der Triplettzustand erst im ns-Zeitbereich besetzt. Hier ist eine geringere Bevölkerung des Triplettzustands mit einer deutlich höheren Reaktionsquantenausbeute verbunden. Eine analoge Besetzungsdynamik des Triplettzustands ist auch im freien, nichtenzymgebundenen PChlide zu beobachten. Das heißt, dass sich die für die biologische Funktion bestimmende Photochemie bereits in der frühen, sub-Pikosekunden Dynamik manifestiert und eine wesentliche Eigenschaft des Chromophors ist, die bereits im Chromophordesign begründet liegt. Darüber hinaus zeigen diese Ergebnisse, wie Licht in der Photokatalyse als quasi Informationsbit zur Kontrolle/Steuerung einer chemischen Reaktion eingesetzt wird.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2009). Protochlorophyllide a: a comprehensive photophysical picture. ChemPhysChem. 10, 144-15
    Dietzek, B., Tschierlei, S., Hermann, G., Yartsev, A., Pascher, T., Sundström, V., Schmitt, M. and Popp, J.
  • (2010). Dynamics of charge separation in the excited-state chemistry of protochlorophyllide. Chem. Phys. Lett. 492, 157-163
    Dietzek, B., Tschierlei, S., Hanf, R., Seidel, S., Yartsev, A., Schmitt, M., Hermann, G., and Popp, J.
  • (2010). Excited-state dynamics of protochlorophyllide revealed by subpicosecond infrared spectroscopy. Biophys. J. 100, 260-267
    Colindres-Rojas, M., Wolf, M.M.N., Groß, R., Seidel, S., Dietzek, B., Schmitt, M., Popp, J., Hermann, G. and Diller, R.
  • (2010). Probing the structure and Franck-Condon region of protochlorophyllide a through analysis of the Raman and resonance Raman spectra. J. Raman Spectros. 41, 414-423
    Hanf, R., Tschierlei, S., Dietzek, B., Seidel, S., Hermann, G., Schmitt, M. and Popp, J.
  • (2011). Protein-induced excited-state dynamics of protochlorophyllide. J. Phys. Chem. (A) 115, 7873-7881
    Hanf, R., Fey, S., Dietzek, B., Schmitt, M., Reinbothe, C., Reinbothe, S., Hermann, G., and Popp, J.
  • (2012). Catalytic Efficiency of a Photoenzyme – an Adaptation to Natural Light Conditions. ChemPhysChem
    Hanf, R., Fey, S., Schmitt, M., Hermann, G., Dietzek, B., and Popp, J.
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1002/cphc.201200194)
 
 

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