Detaillierte Modellierung der Trocknungskinetik, Lebensdauer und Trajektorien von Salivatropfen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Weltweite Abstandsregeln, die die Ausbreitung von SARS-CoV-2 in der Luft verhindern sollen, basieren auf der Idee, dass kleine Speicheltröpfchen schnell verdunsten, während große Tröpfchen, die die meisten Viruskopien enthalten, schnell zu Boden fallen. Entgegen der klassischen Auffassung verdunsten Speicheltröpfchen nicht vollständig, sondern bilden feste Partikel, was ihre Lebensdauer deutlich verlängert. Darüber hinaus können sich gelöste Stoffe ungleichmäßig in den Tröpfchen verteilen und schließlich eine feste Schicht an der Oberfläche bilden. Aufgrund des Mangels an Wissen über die Bildung von Speichelpartikeln und deren Transport haben wir ein detailliertes Modell entwickelt, das speziell auf den Trocknungsprozess von Speicheltröpfchen zugeschnitten ist. Dieses Modell wurde in ein Simulationstool integriert und ermöglicht die Analyse einzelner Tröpfchenbahnen nach einem Husten unter verschiedenen Umgebungsbedingungen. Die Ergebnisse des Projekts geben Aufschluss über die Dynamik der Speichelübertragung in der Luft und zeigen, dass getrocknete Speicheltröpfchen hohle Partikel bilden können, die ihre Flugbahn erheblich beeinflussen. Diese Entdeckung stellt bestehende Modelle in Frage, die die ungleichmäßige Verteilung nichtflüchtiger Stoffe vernachlässigen, was zu ungenauen Vorhersagen hinsichtlich der Größenentwicklung und Flugbahn der Tröpfchen führt. Die Bildung hohler Partikel erfolgt bei einer Luftfeuchtigkeit unter 80% und ist in heißen und trockenen Umgebungen stärker ausgeprägt. Dagegen fallen sie bei Kälte und Feuchtigkeit zu Boden bevor sich eine Schale bildet. Im Gegensatz zu den Vorhersagen bestehender Modelle bleiben Tröpfchen, die hohle Partikel bilden, länger in der Schwebe und können so größere Entfernungen zurücklegen. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass das Übertragungsrisiko von SARSCoV-2 nicht nur von der Fallzeit und -distanz der Speicheltröpfchen abhängt, sondern auch von Veränderungen der Virusinfektiosität. Tröpfchen können in warmen und trockenen Umgebungen länger schweben, die Ansteckungsgefahr des Virus nimmt jedoch ab. Umgekehrt ist das Virus in kalten und trockenen Umgebungen ansteckender, Tröpfchen fallen jedoch schnell zu Boden. Für die breite Öffentlichkeit haben diese Erkenntnisse unmittelbare Auswirkungen auf Schutzmaßnahmen. Die Studie zeigt, dass das Tragen von Gesichtsmasken einen besseren Schutz bieten könnte, als sich ausschließlich auf das Abstandhalten zu verlassen. Die Erforschung des komplizierten Prozesses der Tröpfchentrocknung unterstreicht die Notwendigkeit maßgeschneiderter Ansätze für Schutzmaßnahmen. Darüber hinaus hebt die Studie die Vorteile fortschrittlicher mathematischer Modelle zur Bewertung von Übertragungsrisiken in verschiedenen Umgebungen, drinnen und draußen, hervor und liefert wertvolle Erkenntnisse für die Entwicklung wirksamer Strategien für die Eindämmung zukünftiger Pandemien.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Airborne virus transmission: Increased spreading due to formation of hollow particles. Environmental Research, 237, 116953.
Ozler, Gizem & Grosshans, Holger
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High-fidelity modeling of the drying kinetics and lifetimes of saliva droplets in airborne transmission of COVID-19, 11th International Conference on Multiphase Flow, ICMF 2023, April 2-7, 2023, Kobe, Japan
Ozler, G. & Grosshans, H.
