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Platon auf der Suche nach einer Sprache für Zeit

Antragstellerin Dr. Anna Pavani
Fachliche Zuordnung Geschichte der Philosophie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 470200179
 
Mit der einzigen Ausnahme der Vorsokratiker, deren Werk jedoch nur fragmentarisch überliefert ist, kann man mit Recht behaupten, dass es Platon war, der die philosophische und wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem immer wieder entweichenden Phänomen der Zeit initiierte. Die meisten Versuche, eine platonische Theorie der Zeit zu rekonstruieren, sowohl in der Antike als auch in der rezenten Fachliteratur, beziehen sich auf eine komplexe und bekanntermaßen schwierige Stelle des "Timaios", in welcher Zeit als bewegtes Abbild der Ewigkeit bestimmt wird (Tim. 37d5–7). In diesem Forschungsprojekt soll gezeigt werden, dass das, was Platon uns über die Zeit lehren kann, über diese eine Stelle im Timaios hinausgeht. Das Ziel meines Forschungsvorhabens, welches eine systematisch-philosophische Herangehensweise mit philologischer Präzision kombiniert, ist ein zweifaches. Auf der einen Seite soll gezeigt werden, dass das, was Platon über die Zeit zu sagen hat, die Definition des "Timaios" überschreitet. Dafür sind zwei zeitliche Begriffe, die im zweiten Teil des Parmenides eine entscheidende Rolle spielen, zu untersuchen, nämlich das bekannte und immer noch viel diskutierte exaiphnês und das seltener behandelte nun. Dabei soll dafür plädiert werden, dass beide Begriffe besser zu verstehen sind, wenn sie mit den homonymen Begriffen in der "Physik" des Aristoteles und mit einer breiten Palette äußerst unterschiedlicher zeitlicher Konzepte verglichen werden, die Platon und Aristoteles einführen. Auf der anderen Seite muss hervorgehoben werden, dass für Platon unsere Konzeptualisierung der Zeit untrennbar mit der Art und Weise, wie wir über sie sprechen, verbunden ist. Sprechen über das Immer-Werdende ist besonders anspruchsvoll, wie das Rätsel über das Werdende im "Parmenides" zeigt; das Immer-Gleichbleibende korrekt anzusprechen erweist sich als nicht weniger problematisch. Darauf hatten uns schon die Vorsokratiker hingewiesen, wie Parmenides’ Vorschrift, ausschließlich das Präsens zu benutzen, bezeugt. Das von Platon und Aristoteles bei der Formulierung der ontologischen und logischen Prinzipien verwendete Präsens ebnete den Weg für das Präsens der allgemeingültigen Sachverhalte, das wir immer noch verwenden. Unsere Art und Weise, über die Zeit zu sprechen, offenbart nicht nur eine intrinsische Schwierigkeit, sondern auch eine grundlegende Fehlauffassung, die wir überwinden müssen, indem wir nach einer angemessenen Sprache suchen. Denn wie Timaios im gleichnamigen Dialog behauptet, müssen wir, um die Zeit adäquat zu begreifen – ein Ziel, von dem wir immer noch weit entfernt sind –, auf angemessenere Art und Weise über sie reden. Platons eigener Vorschlag kann mit Recht als erster Schritt in diese Richtung betrachten werden.
DFG-Verfahren WBP Stelle
 
 

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