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Mobilität und Kommunikation im Frühneolithikum Mitteleuropas – die Keramik von Herxheim als Anzeiger überregionaler soziokultureller Netzwerke in der Endphase der Linearbandkeramik

Antragstellerinnen / Antragsteller Professor Dr. Joseph Maran; Dr. Andrea Zeeb-Lanz
Fachliche Zuordnung Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 471732149
 
Von allen bisher bekannten Siedlungen der späten Phase der Bandkeramik wurde in Herxheim die größte Anzahl an Gefäßen mit Verzierungen in auswärtigen Regionalstilen gefunden. Insgesamt stammt Keramik, meist in größerer Zahl, aus acht verschiedenen Stilprovinzen, die sich mit geographischen Verbreitungsgebieten der jeweiligen Zierstile decken. Dabei sind Gegenden wie das Elster-Saale-Gebiet und Böhmen vertreten, die in Entfernungen von bis zu 400 km Luftlinie (oberes Elbtal, Nordwestböhmen) zu Herxheim liegen. Tonanalysen an Herxheimer Gefäßscherben mit Zier in verschiedenen Stilvarianten belegen, dass die geochemischen Fingerabdrücke der Keramik sich nach Regionalstilen differenzieren lassen. Es ist also davon auszugehen, dass Keramik aus unterschiedlichen Gegenden nach Herxheim gebracht wurde, was als Anzeiger eines hohen Maßes an Mobilität der in Herxheim anwesenden bandkeramischen Menschen gewertet werden muss, die ihre Keramik hier hinterließen. Die geplante Studie wird daher auf das Thema der frühneolithischen Mobilität fokussieren, um zu diesem wichtigen Aspekt der frühen Bauernkulturen Europas einen Beitrag zu leisten. Hierfür ist die Fundstelle Herxheim aufgrund der Vielzahl und des breiten Spektrums an ortsfremden Gefäßen aus unterschiedlichen Regionalstilprovinzen geradezu prädestiniert. Ein Ziel der Studie ist es, das Verzierungsrepertoire der einzelnen hier vertretenen Regionalstile zu erweitern; da in Herxheim viele Gefäße einen guten Erhaltungszustand aufweisen, lassen sich mit Abrollungen ganze Ornamentsätze erstellen. Dadurch könnte es erstmalig möglich werden, Ähnlichkeiten und Unterschiede der Regionalzierstile genauer zu benennen und statistisch auszuwerten (Seriation der Ornamentik). Im Bereich der möglichen Ergebnisse einer solchen Studie liegt es darüber hinaus, Entwicklungslinien aufzuzeigen, die von einem Stil zu einem anderen führen und Zusammenhänge zwischen verschiedenen Regionalstilen aufzuspüren. Dies ist schon der Weg zum zweiten Hauptziel des Projektes, soziokulturelle und kommunikative Netzwerke der späten Bandkeramik zu untersuchen. Dabei kommt die Soziale Netzwerkanalyse (SNA) zum Einsatz, die verschiedene Werkzeuge für die Identifikation und Analyse von soziokulturellen Netzwerken bietet, wobei auch die in der Archäologie seit langem bewährten statistischen Verfahren der Clusteranalyse, Seriation und Korrespondenzanalyse zum Einsatz kommen. Aus verschiedenartigen Verbindungen zwischen einzelnen menschlichen Gruppen, die sozialer, wirtschaftlicher und/oder materialspezifischer Art sein können, definieren sich in SNA-Verfahren regionale und supraregionale Netzwerke. Gerade für die differenzierte Untersuchung zeitgleicher, räumlich voneinander getrennter Gruppen ist die Verzierung von Keramik ein hervorragend geeignetes Werkzeug, um verschiedene Arten von Netzwerken der frühneolitischen Ackerbauernwelt Mitteleuropas zu definieren und auszuwerten.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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