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Normal oder verrückt? Aushandlungsprozesse und Grenzziehungen zwischen gesund und psychisch krank in Gießen und Oberhessen, 1895-1932
Antragsteller
Professor Dr. Volker Roelcke
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 47367087
In Weiterführung der bisherigen Projektarbeit sollen kulturhistorische Ansätze für die Frage nach den Grenzziehungen zwischen normal und „verrückt in den Jahrzehnten um 1900 fruchtbar gemacht werden. Im Zentrum der Untersuchung steht die Frage nach den Veränderungen der Aushandlungsprozesse beim Auftreten von Norm-abweichendem Verhalten in den politischen und kulturellen Kontexten von Kaiserreich, 1. Weltkrieg und Weimarer Republik. Ausgehend von den in zeitgenössischen Krankenakten aus der psychiatrischen Universitätsklinik Gießen gesammelten Dokumenten (repräs. Stichprobe von ca. 130 „Fällen ) soll analysiert werden, in welcher Weise auffallendes Verhalten von verschiedenen Akteuren (Angehörige, Polizei, Hausarzt, Kreisarzt, Gefängnisarzt, Arbeitgeber, Klinikärzte, Pflegepersonal, Mitpatienten; vom Patienten selbst in biographischen Schriften und Korrespondenzen) wahrgenommen, bezeichnet und bewertet wurde, welche Handlungsanforderungen daraus abgeleitet wurden, wie sich die Bewertung bei der Interaktion unterschiedlicher Akteure und Institutionen veränderte, und aufgrund welcher Kriterien die Diagnose „psychisch krank getroffen wurde. Ebenso ist der Frage nachzugehen, aufgrund welcher Aushandlungsprozesse und Kriterien Entscheidungen über Entlassungen oder Verlegungen in andere Institutionen (z.B. Heil- und Pflegeanstalt, Erziehungsheim, Gefängnis) getroffen wurden. Leitend ist dabei die Frage, in welchem Zusammenhang eventuelle Veränderungen der Grenzziehung zwischen „normal und „psychisch krank über die Zeit mit dem Wandel der politisch-institutionellen, kulturellen und wissenschaftlichen Rahmenbedingungen stehen. Die vergleichende Analyse der Einzelfallstudien soll die Rekonstruktion größerer Deutungsmuster für die Zustände „normal , „abweichend , „verrückt ermöglichen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen