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Vergewaltigungsmythenakzeptanz als kognitives Schema

Fachliche Zuordnung Sozialpsychologie und Arbeits- und Organisationspsychologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 47878622
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Ein Ziel des Projekts war es zu untersuchen, ob die Akzeptanz von Vergewaltigungsmythen - Überzeugungen, die sexuelle Gewalt verharmlosen - im Sinne eines kognitiven Schemas wirkt, anhand dessen Personen Informationen über sexuelle Gewalt verarbeiten. Mit Hilfe einer von uns entwickelten und validierten Skala erfassten wir die Akzeptanz moderner Mythen über sexuelle Aggression (AMMSA) und zeigten in einer Reihe von Experimenten, dass Unterschiede in der AMMSA in systematischer Weise mit Unterschieden in der Informationssuche und -verarbeitung einhergehen. So zeigte sich, dass Personen mit höherer AMMSA verstärkt nach solcher Fallinformation suchen, die eine mythenkonsistente Interpretation erlaubt und somit eine Zuschreibung von Mitverantwortung an das Opfer ermöglicht. Diese verzerrenden Einflüsse der AMMSA fallen deutlicher aus, wenn die Befragten größere Interpretationsspielräume wahrnehmen - etwa dann, wenn viel irrelevante (und somit potenziell interpretierbare) Information zu einem Fall verfügbar ist, oder wenn sich die von Verteidigung und Anklage präsentierten Informationen vom Umfang her die Waage halten. Auch dann, wenn überhaupt keine Fallinformation gegeben wurde, die Befragten aber der Ansicht sind, sie hätten solche Information erhalten, fällt der Einfluss der AMMSA deutlicher aus. Zusätzlich untersuchten wir erstmals die Rolle der Stärke des VMA-Schemas bei den o.g. Effekten. Dabei zeigte sich, dass sich anhand weniger Fragen (etwa zur Bedeutsamkeit des Themas sexueller Gewalt oder des selbst zugeschriebenen Wissens) Personen mit einem stärkeren bzw. schwächeren AMMSA-Schema unterscheiden lassen, selbst wenn sich die Höhe der AMMSA selbst nicht unterscheidet. Unter sonst gleichen Bedingungen lassen sich bei starkem Schema deutlichere Zusammenhänge zwischen der AMMSA und fallbezogenen Urteilen feststellen als bei schwach ausgeprägtem Schema. Darüber hinaus konnten wir anhand einer Umfragestudie zeigen, dass AMMSA tatsächlich als Teil eines größeren Intoleranz-Schemas verstanden werden kann, d.h. u.a. mit sexistischen, rassistischen und anderen menschenfeindlichen Einstellungen einhergeht. Da derartige Einflüsse in der Praxis (etwa bei der Urteilsfindung vor Gericht oder der Frage nach Kompensationsansprüchen der von sexueller Gewalt Geschädigten) gravierende Folgen haben können, untersuchten wir schließlich, wie sich die AMMSA reduzieren lässt. Als erfolgreiche Methode stellte sich dabei heraus, Information über die AMMSA anderer Personen bereitzustellen. Wenn Befragte wahrnehmen, dass andere Personen Vergewaltigungsmythen in geringerem Ausmaß zustimmen als erwartet, führt dies zu einer Reduktion der AMMSA der Befragten.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2008). Modern rape myths: The Acceptance of Modern Myths about Sexual Aggression (AMMSA) Scale. In T. G. Morrison & M. A. Morrison. The psychology of modern prejudice 6 (pp. 261-276). Hauppauge, NY: Nova Science Publishers
    Eyssel, F. & Bohner, G.
  • (2008, Juli). Effects of irrelevant information on judgments of guilt in a rape case: The moderating role of rape myths and hostile sexism. XXIX International Congress of Psychology, Berlin
    Bohner, G. & Eyssel, F.
  • (2008, Juni). Social Judgeability enhances effects of rape myth acceptance in judgments of rape cases. 15th General Meeting of the European Association of Experimental Social Psychology, Opatija
    Eyssel, F., Bohner, G., Süssenbach, P., Becher, M., Jung, S. & Rees, J.
  • (2008, November). Rape myth acceptance: A cognitive schema? Vortrag gehalten beim XIII. Workshop on Aggression, Potsdam
    Eyssel, F. & Bohner, G.
  • (2008, Oktober). Effects of irrelevant information on judgments of guilt in a rape case: The moderating role of rape myths and hostile sexism, University of Bergen, Norway
    Bohner, G.
  • (2008, September). Rape myth acceptance as a cognitive schema: Effects on judgments of blame in rape cases. 10th Transfer of Knowledge Conference of the European Social Cognition Network, Volterra
    Eyssel, F. & Bohner, G.
  • (2009). „Sie hat es verdient“ – Die Rolle von Sexismus-Normen bei der Beurteilung männlicher Gewalt gegen Frauen. 51. Tagung experimentell arbeitender PsychologInnen, Jena
    Köpke, S., Eyssel, F. & Bohner, G.
  • (2009, Februar). Functions of rape myth acceptance: Cognitive, affective, behavioral. University of Granada, Spain
    Bohner, G.
  • (2009, März). Wer als Frau so unvorsichtig ist, nachts durch ‘dunkle Gassen’ zu gehen ... “: Wie opferfeindliche Einstellungen die Urteile von LaienrichterInnen beeinflussen. Institut für Psychologie, Universität Trier
    Eyssel, F.
  • (2009, September). Affective, behavioral, and cognitive functions of rape myths: Empirical evidence and implications for change. Symposium "Criminal Justice Responses to Sexual Assault: An International and Interdisciplinary Perspective on the Attrition Problem", Potsdam
    Bohner, G., Eyssel, F., & Süssenbach, P.
  • (2010). Rape myth acceptance and its effect on selective information search. XV. Workshop Aggression, Bonn
    Eyssel, F., Süssenbach, P. & Bohner, G.
  • (2010). Using social norms to reduce men's rape proclivity: Perceived rape myth acceptance of out-groups may be more influential than that of in-groups. Psychology, Crime and Law, 16, 671-693
    Bohner, G., Pina, A., Viki, G. T., & Siebler, F.
  • (2010, Juni). Mythen über sexuelle Aggression: Ihr Einfluss auf Emotion, Kognition und Verhalten. Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, 22. Juni 2010
    Bohner, G.
  • (2010, März). Einstellungsstärke moderiert den Einfluss von Vergewaltigungsmythenakzeptanz auf Urteile und Verhalten. Vortrag für die 52. „Tagung experimentell arbeitender Psychologen“, Saarbrücken
    Süssenbach, P., Bohner, G. & Eyssel, F.
  • (2010, November). Attitudes toward sexual aggression. XV. Workshop Aggression, Bonn, 4-6 November 2010
    Bohner, G.
  • 2011. Acceptance of sexual aggression myths in a representative sample of German residents. Aggressive Behavior, 37, 374-385. Aggressive Behavior, Vol. 37. 2011, Issue 4, pp. 374–385.
    Süssenbach, P., Bohner, G.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1002/ab.20390)
  • 2011. Schema effects of rape myth acceptance on judgments of guilt and blame in rape cases: The role of perceived entitlement to judge. Journal of Interpersonal Violence, vol. 26. 2011, no. 8, pp. 1579-1605.
    Eyssel, F., & Bohner, G.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1177/0886260510370593)
  • 2013. Metacognitive aspects of rape myths: Subjective strength of rape myth acceptance moderates its effects on information processing and behavioral intentions. Journal of Interpersonal Violence, Vol. 28. 2013, no. 11, pp. 2250-2272.
    Süssenbach, P., Eyssel, F., & Bohner, G.
    (Siehe online unter https://dx.doi.org/10.1177/0886260512475317)
 
 

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