Beeinflussen Bewegungen von Proteindomänen auf der Mikrosekundenskala die Aktivität von Enzymen? Eine Einzelmolekül-FRET Studie
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Viele Enzyme nutzen ausladende Bewegungen ihrer Domänen, um enorme katalytische Fähigkeiten und eine hohe Selektivität zu erreichen. Ein herausragendes Beispiel ist das Enzym Adenylatkinase (AK), das den Phosphotransfer zwischen ATP und AMP katalysiert. Einzelmolekül-FRET-Spektroskopie Experimente meines Gastgeber Prof. Gilad Haran zeigten, dass die mit der Reaktion einhergehenden Bewegungen des Enzyms sehr schnell sind, schneller als die Umsatzrate des Enzyms. Um zu klären, welchen Einfluss diese ultraschnellen Bewegungen auf die enzymatische Aktivität haben, untersuchten wir ihre Rolle bei der Hemmung des Enzyms durch sein eigenes Substrat AMP. Wir zeigen, dass hemmende Konzentrationen von AMP zu einem schnelleren und kooperativeren Domänenschluss durch ATP führen. Die Wirkung von AMP auf Aktivität und Dynamik wird durch Mutationen in der gesamten Struktur des Enzyms beeinflusst. Durch die Kombination dieser Erkenntnisse haben wir ein Modell entwickelt, das die komplexe Aktivität von AK auf der Grundlage der experimentell beobachteten Proteinbewegungen erklärt. Dieses Modell haben wir verwendet, um die überraschende Aktivierung des Enzyms durch Harnstoff zu erklären. Üblicherweise wirkt Harnstoff als Denaturierungsmittel, das die Aktivität eines Proteins mindert. Geringe Konzentrationen können jedoch die Aktivität von AK erhöhen, und wir konnten dieses Verhalten mit der Substrathemmung in Verbindung bringen. Harnstoff beeinflusst die Proteindynamik und die Nukleotidbindungsraten des Proteins, was zu einer schwächeren Hemmung durch AMP und damit zu einem höheren Umsatz führt. In einem dritten Projekt suchten wir nach einem mechanistischen Verständnis unserer experimentellen Beobachtungen. In Zusammenarbeit mit Prof. Wenfei Li zeigten wir, dass wiederholtes Öffnen und Schließen der Domänen essentiell für die Relaxion von falsch gebundenen Substraten ist. Nur in den geöffneten Position können potenziell falsch gebundene Substratmoleküle einen Weg zu einer Konfiguration finden, die eine Katalyse ermöglicht. Unsere Erkenntnisse deuten darauf hin, dass die relative Okkupanz der verschiedenen Konformationen und ihre schnelle Umwandlung für die Maximierung der katalytischen Aktivität von wesentlicher Bedeutung sind. Es ist jedoch noch nicht klar, ob dieses Verhalten spezifisch für AK ist oder auch für andere Enzyme gilt. Bei dem Enzym Phosphoglyceratkinase (PGK), das eine Schlüsselrolle in der Glykolyse spielt, wird die katalytische Reaktion von einer Biegebewegung begleitet, was es zu einem guten Ziel für diese Fragestellung macht. Mehrere doppelt markierte, funktionelle Proteinvarianten ermöglichen es uns, potenzielle Domänenbewegungen aus einer Vielzahl von Perspektiven zu erkennen. Innerhalb einer Domäne zeigen unsere smFRET-Ergebnisse nur eine sehr begrenzte Bewegung. Wenn wir dagegen die Abstände der Domänen zueinander untersuchten, konnten wir deutlich größere Bewegungen feststellen. Wir können die Dynamik des Proteins in Form von 3 Konformationen beschreiben, die unter verschiedenen Substratbedingungen stets populiert sind, jedoch in unterschiedlichem Ausmaß. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Fähigkeit, schnelle Konformationsänderungen vorzunehmen, für PGK ähnlich entscheidend zu sein scheint wie für AK, was darauf hindeutet, dass dies ein weit verbreitetes Phänomen ist, das die Aktivität vieler Proteine beeinflusst.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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Role of Repeated Conformational Transitions in Substrate Binding of Adenylate Kinase. The Journal of Physical Chemistry B, 126(41), 8188-8201.
Lu, Jiajun; Scheerer, David; Haran, Gilad; Li, Wenfei & Wang, Wei
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Allosteric communication between ligand binding domains modulates substrate inhibition in adenylate kinase. Proceedings of the National Academy of Sciences, 120(18).
Scheerer, David; Adkar, Bharat V.; Bhattacharyya, Sanchari; Levy, Dorit; Iljina, Marija; Riven, Inbal; Dym, Orly; Haran, Gilad & Shakhnovich, Eugene I.
