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Geliehene Arbeit. Eine Debattengeschichte der Leiharbeit in der frühen Bundesrepublik

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 491061405
 
Das Projekt erforscht am Beispiel der Leiharbeit einen normativen Wandel in Bezug auf den Arbeitsmarkt in der frühen Bundesrepublik sowie dessen Implikationen für den Wandel von Staatlichkeit im 20. Jahrhundert. Ziel des Projekts ist es, Blindstellen der zeithistorischen Forschung, für die Leiharbeit erst in der Phase „nach dem Boom“ die Bühne betritt, zu überwinden und hierdurch innovative Impulse für die Geschichte der Arbeit insgesamt zu setzen. Dazu wird das Projekt die Debatten über Leiharbeit sowie die staatliche Regulierungstätigkeit ihr gegenüber (inklusive des staatlichen Monopols auf Arbeitsvermittlung) im Verlauf des 20. Jahrhunderts, schwerpunktmäßig jedoch in der frühen Bundesrepublik, in den Blick nehmen.Vorarbeiten zu den arbeitsmarktpolitischen Debatten der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus haben gezeigt, dass sich in diesen Jahrzehnten und über die politischen Systemwechsel hinweg ein negativ konnotiertes Bild der Leiharbeit etablierte. Nachdem diese Beschäftigungsform in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre noch einmal forciert zurückgedrängt worden war, vollzogen sich in den 1960er und 1970er Jahren normative Weichenstellungen, ohne welche die „neoliberalen“ Tendenzen der Arbeitsmarktpolitik „nach dem Boom“ unverständlich bleiben. Das Projekt fokussiert insbesondere auf die in diesem Zeitraum vollzogene Erfindung der „Zeit-Arbeit“ als eines Modells, mit dessen Hilfe die sich etablierende Zeitarbeitsbranche ihre Dienstleistung in ein neues, mit Freiheitsnarrativen bestücktes Gewand kleidete.Anhand von publizierten und archivalischen Quellen sollen die Debatten über die Leiharbeit und die Notwendigkeit ihrer staatlichen Regulierung nachgezeichnet, Entscheidungsprozesse rekonstruiert sowie die Interessen der Arbeitsmarktakteure plastisch gemacht werden. Die Akteure der Zeitarbeitsbranche werden als frühe Protagonisten von Ökonomisierungs- und Privatisierungsprozessen verstanden, die bereits lange vor den Entstaatlichungsprozessen der 1990er und 2000er Jahre ihre Vision einer flexibleren und mobileren Arbeitswelt entwickelten. Die Durchsetzung der Leiharbeit als „normalisiertes“ Arbeitsmarktsegment gelang am Ende der Boom-Phase, so die Ausgangshypothese, weil privatwirtschaftliche Akteure des Dienstleistungssektors sich im Konflikt darum, welche Rolle ein moderner Staat auf dem Arbeitsmarkt spielen sollte, zu behaupten wussten. Diesen „Modernitätskonflikt“ am Beispiel der Leiharbeit zu rekonstruieren und so die Erforschung des Wandels von Staatlichkeit im 20. Jahrhundert fortzuschreiben, ist das originäre Anliegen dieses Projekts.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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