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Der Vortesteffekt – Wann und weshalb Tests bereits vor dem Lernen für unser Gedächtnis förderlich sein können

Antragsteller Dr. Oliver Kliegl
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung seit 2021
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 491516039
 
Der Vortesteffekt bezeichnet den Befund, dass Tests, die vor dem Lernen von Material durchgeführt werden, das spätere Behalten dieses Materials fördern können. In Studien zu diesem Effekt wird oft eine Lernbedingung – bei der den Versuchspersonen ein Hinweisreiz zusammen mit einem Zielreiz (Teller - GABEL) präsentiert wird – mit einer Vortestbedingung verglichen – bei der sie zunächst den Antwortreiz (Teller - ?) erraten sollen, bevor ihnen die richtige Antwort (Teller - GABEL) gezeigt wird. Ein anschließender gestützter Gedächtnistest (Teller - ?) zeigt meist eine bessere Erinnerungsleistung für den Zielreiz in der Vortest-Bedingung als in der Lernbedingung. Studien zum Vortesteffekt untersuchen in der Regel die Auswirkungen des Testens auf das spätere Behalten des getesteten Materials und vernachlässigen dabei die Frage, ob Vortests auch einen Lerntransfer auf anderes Material bewirken können. Das vorgeschlagene Forschungsprojekt wird daher systematisch untersuchen, ob Vortests die Erinnerungsleistung der Teilnehmenden in drei großen Kategorien von Transferaufgaben steigern können. Erstens wird in Experimenten 1-3 untersucht, ob Vortests einen Lerntransfer auf zuvor gelerntes, aber nicht getestetes Material bewirken können. In diesen Experimenten wird zudem geprüft, ob Transfereffekte durch die Länge des Behaltensintervalls (Experiment 1), das Vorhandensein von konkurrierendem Material (Experiment 2) oder die Anzahl der initialen Rateversuche (Experiment 3) moduliert werden. Zweitens wird in Experimenten 4-6 unter Verwendung wissenschaftlicher Texte als Lernmaterial untersucht, ob Vortests den Transfer fördern können, wenn im finalen Test konzeptuelle (Experimente 4 und 5) oder anwendungsbezogene Fragen (Experiment 6) verwendet werden. Drittens wird in Experimenten 7-9 untersucht, ob Vortests auch eine Art von negativem Lerntransfer – die test-enhanced suggestibility (TES) – hervorrufen können, indem geprüft wird, ob Vortests das Gedächtnis anfälliger für nachträglich gelernte Fehlinformationen machen, wobei entweder eine Textpassage (Experimente 7 und 8) oder ein Video (Experiment 9), als Lernmaterial verwendet wird. Darüber hinaus soll untersucht werden, ob die TES erneut reduziert werden kann, wenn die Versuchspersonen vor dem Vorhandensein von Fehlinformationen gewarnt werden (Experiment 7) oder wenn der zeitliche Abstand zwischen dem Lernen des Originalmaterials und der anschließenden Exposition gegenüber Fehlinformationen verlängert ist (Experimente 8 und 9). Insgesamt sollen die vorgeschlagenen neun Experimente nicht nur ein umfassendes Bild davon vermitteln, ob Vortests einen Lerntransfer induzieren können, sondern auch von den zugrunde liegenden kognitiven Mechanismen. Da Testsituationen in Bildungskontexten häufig erfordern, dass Lernende auf Fragen antworten, mit denen sie noch nicht konfrontiert waren, werden die Ergebnisse dieses Projekts auch entscheidende Auswirkungen auf die Bedeutung von Vortests als Lehrinstrument haben.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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