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Europäisierung einer nationalen Domäne? Sozialpolitik im EU-Mehrebenensystem im Zeichen der Krise

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 491530089
 
Die wissenschaftliche und politische Debatte vernachlässigt die europäische Dimension der Sozialpolitik. Wenngleich europäische Sozialpolitik anderen Logiken folgt als nationale. Ist aufgrund gemeinschaftlicher 'Inseln' in fast allen Teilbereichen und einer breiten Palette von Instrumenten die Behauptung, die EU-Sozialpolitik sei ein Nachzügler im Integrationsprozess, selbst zum Anachronismus geworden. Vielmehr hat sich auch in der Sozialpolitik eine dynamische Interaktion im EU-Mehrebenensystem entwickelt, die über das von den Mitgliedsstaaten ursprünglich intendierte Maß weit hinausgeht.Bereits etablierte ,weiche' Mechanismen wie die Offene Methode der Koordinierung werden zunehmend durch Instrumente zur Haushaltskonsolidierung ergänzt oder abgelöst, mit teils erheblichen Konsequenzen für den sozialpolitischen Handlungsspielraum der Mitgliedsstaaten. Zugleich sind diese nicht nur, wie in der Literatur vielfach implizit angenommen, passive Empfänger europäischer Sozialpolitik, sondern verfügen - in unterschiedlichem Ausmaß - durchaus über Ambitionen und Kanäle, um diese selbst mitzugestalten. Die vorliegende Studie untersucht vor diesem Hintergrund Europäisierungsprozesse in vier sozialpolitischen Handlungsfeldern (Arbeitsmarkt, Gesundheit, Rente und Familie) anhand von fünf ausgewählten EU-Mitgliedsstaaten (Deutschland, Schweden, Großbritannien, Polen und Italien): Wie groß ist das Ausmaß der europäischen Einflüsse in den einzelnen Bereichen? Welche Mechanismen des Einflusses von der europäischen zur mitgliedsstaatlichen Ebene (in den Begrifflichkeiten der Europäisierungsforschung: Download, auf dem der Fokus liegt), aber auch umgekehrt (Up- und Interload-Prozesse, letztere unter den Mitgliedsstaaten ohne Beteiligung der EU-Ebene) lassen sich empirisch nachweisen? Wie haben sich insbesondere diese Prozesse unter dem Einfluss der ,Eurokrise' in Richtung einer unterstellten Kriseneuropäisierung verändert und was bedeutet das für den weiteren Kurs der EUSozialpolitik?Auf Grundlage umfangreicher Dokumentenanalysen und Expertenbefragungen lässt sich zusammenfassend schließen, dass die in der,Eurokrise' etablierten neuen Instrumente das Potential haben, die sozialpolitischen Spielregeln primär in der Eurozone grundlegend zu verändern. Manifest geworden ist dies bisher allerdings nur in extremen haushaltspolitischen Problemfällen. Von einer grundsätzlich höheren Verbindlichkeit ist daher bisher nicht auszugehen; allerdings wird jenseits der formellen Instrumente fallweise auf informelle Konditionalität gegenüber ,Krisenstaaten" zurückgegriffen. Der Europäisierungsdruck variiert aber nicht nur mit der allgemeinen Haushaltslage, sondern ebenso mit den feldspezifischen Ausgaben und der Jeweiligen Leistungsfähigkeit. Zudem führen Pfadabhängigkeiten zu Jeweils spezifischen und teils defizitären Formen der Umsetzung.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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