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Mechanismen, Dispositionen, und statistische Abhängigkeiten: Eine neue Theorie des kausalen Denkens

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 491624043
 
Kausale Kognitionen statten uns mit eindrucksvollen Fähigkeiten aus. Sie erlauben uns, Ereignisse vorherzusagen und zu erklären, Handlungen zu planen, Konfundierungen zu verstehen, Kausalwissen auf neue Situationen zu transferieren, über kontrafaktische Situationen nachzudenken und neue Artefakte zu konstruieren und zu nutzen. Keine derzeit existierende psychologische Theorie kann alle diese Kompetenzen innerhalb eines einheitlichen Ansatzes erklären. Theorien, die sich mit Teilkompetenzen befasst haben, vernachlässigen in der Regel Interaktionen zwischen den Kompetenzen. Ein weiteres Defizit ist, dass die meisten Theorien die wichtige Rolle von Hintergrundwissen unterschätzen. In den letzten Jahren wurden zwar weiterentwickelte Teiltheorien in den Computerwissenschaften und der Philosophie erarbeitet, die diese Defizite teilweise anerkennen, eine integrierte Theorie fehlt aber. Eine neuere Entwicklung ist Pearls Theorie der Kausalität. Pearl hat seine frühere Sicht revidiert, die davon ausging, dass sich Kausalität auf Kovariationen reduzieren lässt. Er argumentiert in seiner neuen Theorie, dass abstrakte strukturelle Kausalmodelle, die nicht-beobachtbare Mechanismen als funktionale Abhängigkeiten enkodieren, der Beantwortung kausaler Fragen zugrunde liegen. Die Modellierung von Mechanismen als funktionale Abhängigkeiten wurde aber in neueren philosophischen Ansätzen kritisiert, die eine neue Theorie von Mechanismen ("New Mechanism view") entwickelt haben. Die Philosophin Cartwright hat beispielsweise argumentiert, dass statistische Abhängigkeiten in den Naturwissenschaften im Kontext von sogenannten nomologischen Maschinen entdeckt werden. Nomologische Maschinen, wie z.B. Pendel, sind nicht-kausale Apparate, die aus Konfigurationen von Komponenten mit bestimmten Dispositionen bestehen. Andere Beispiele sind Artefakte, wie Autos oder Roboter. Beide Ansätze, Pearls Theorie und der New Mechanism-Ansatz, haben Defizite: Während Pearl nur eine reduzierte Theorie von Mechanismen vorschlägt, überschätzt die New Mechanism-Sicht das Wissen von Laien. Hinzu kommt, dass bislang keine Theorie entwickelt wurde, die Wissen über Mechanismen im Sinne des New Mechanism-Ansatzes und statistische Abhängigkeiten integriert. Es ist deshalb das Ziel des Projekts, eine formale Theorie (MEC-DEP) zu entwickeln, die dies leistet, und die der Breite und Flexibilität kausaler Kognitionen gerecht wird. MEC-DEP wird experimentell in Studien getestet, die Kausalmodelle, Mechanismen und Aufgaben in verschiedenen Domänen und Populationen (Erwachse-ne, Kinder, nicht-menschliche Primaten) untersuchen. Außerdem sollen computationale Modelle von MEC-DEP entwickelt und die Rolle von Mechanismen in der wissenschaftlichen Psychologie analysiert werden. Die neue Theorie wird unser Denken über Kausalität in den zahlreichen Gebieten fundamental ändern, die von einem tieferen Verständnis der normativen und deskriptiven Basis von Kausalität profitieren können.
DFG-Verfahren Reinhart Koselleck-Projekte
 
 

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