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Mittel und Ziele der Lebenswissenschaften - transnationale epistemische Netzwerke in der Zoologischen Station von Neapel zwischen 1910 und den 1950er Jahren
Antragsteller
Professor Dr. Heiner Fangerau; Dr. Fabio De Sio
Fachliche Zuordnung
Wissenschaftsgeschichte
Förderung
Förderung seit 2021
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 491895179
Eine Reihe von historischen Arbeiten hat sich bisher mit der 1874 von Anton Dohrn (1840-1909) gegründeten Zoologische Station in Neapel (ZSN) befasst. Die meisten Arbeiten konzentrierten sich auf ihre Rolle als internationales Forschungszentrum der Lebenswissenschaften in der Zeit bis zum Ersten Weltkrieg. Weniger Aufmerksamkeit erfuhr die Geschichte der Einrichtung nach 1914. Das Projekt widmet sich der Entwicklung der ZSN nach dem Tod ihres Gründers bis in die 1950er Jahre.Ziel des Projektes ist es, für eine von Nationalismen geprägten Zeit die Beziehungen zwischen wissenschaftlichem Wandel, Inter-/Nationalismus und politisch-ideologischen Trends zu untersuchen. Zum einen wollen wir mit Hilfe des Beispiels der Station dem klassischen Narrativ der Entwicklung einer staatlich und privatwirtschaftlich gelenkten biomedizinischen Forschungsorganisation im 20. Jahrhundert eine gleichzeitig verschränkte lokale, private, internationale, staatliche Alternative zur Seite stellen. Zum zweiten wollen wir die Bedeutung des Konzepts des „wissenschaftlichen Internationalismus“ als kulturelle Kategorie analysieren.„Internationalität“ war für die ZSN ein zentrales Organisationsprinzip, das sich in ihrem „Tischsystem“ manifestierte: Forschungsplätze, Material und Ressourcen wurden an Universitäten, Privatpersonen sowie nationale und regionale Forschungsorganisationen unter Verzicht auf interne Auswahlverfahren und eine eigene Forschungsprogrammatik vermietet. Mit einem Blick auf vier Kontingente von Gastforschern (aus Italien, Deutschland, Großbritannien, den USA) sowie die wichtigsten nationalen Förderer der ZSN wollen wir die Kategorien der Internationalität, des Privaten und des Öffentlichen als Bedeutungskomponenten wissenschaftlicher Arbeit untersuchen.Ausgehend vom Tischsystem als Analyseeinheit zeichnen wir die Entwicklung nationaler und transnationaler Forschungsnetzwerke und epistemischer Gemeinschaften nach und fragen, worin der Nutzen dieses Forschungsraums für die biomedizinische Forschung in den jeweils entsendenden Ländern bestand und wie die Idee von Nutzen sich im Laufe der Zeit veränderte. Ferner untersuchen wir den symbolischen Wert der ZSN als idealer Raum, indem wir die transnationale Debatte über ihre wissenschaftspraktische und symbolische Bedeutung in Zeiten des Nationalismus analysieren.Methodisch orientieren wir uns an den Methoden der Historischen Netzwerkanalyse. Wir identifizieren nationale und transnationale epistemischen Gemeinschaften mit ihren definierenden Forschungsschwerpunkten, -objekten und -praktiken. Darüber hinaus werden wir die Debatten über die institutionelle Natur und die Zugehörigkeit des ZSN rekonstruieren, um so verschiedene, sich verändernde Repräsentationen von „Wissenschaft“ als universelles Bestreben einer internationalen Gemeinschaft zu untersuchen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen