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Lebensrisiken, soziale Beziehungen und Topographie der „fremdvölkischen“ Klasse in der Stadtgesellschaft von Halle (Saale), 1939–1945

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 492500739
 
Die städtische Gesellschaft von Halle (Saale) entwickelte sich während des Zweiten Weltkrieges zu einer multiethnischen. 1944/45 betrug der Anteil von Ausländerinnen und Ausländern an der lokalen Bevölkerung über zehn Prozent. Der heterogenen Gruppe von Kriegsgefangenen, Zivil- und Zwangsarbeitern aus fast allen europäischen Ländern war gemeinsam, dass sie vom NS-Regime als „Fremdvölkische“ und damit (in nach rassistischen Kriterien abgestuften Graden) als Menschen minderer Rechte betrachtet wurden, deren Arbeitskraft aber von der Kriegswirtschaft so dringend benötigt wurde, dass die in ihnen vermuteten politischen wie biologischen Gefahren in Kauf genommen wurden und durch ein (wiederum abgestuftes) repressives Alltagsregime eingehegt werden sollten. Somit konstituierte das Regime selbst die politische Klasse der „fremdvölkischen“ Arbeitskräfte.Das Projekt wird auf der Mikroebene einer mitteldeutschen Großstadt eine Sozial- und Alltagsgeschichte dieser „fremdvölkischen“ Klasse schreiben, indem es auf Basis einer vorangestellten Skizze der allgemeinen und lokalen Rahmenbedingungen drei Leitfragen verfolgt: Welchen spezifischen (d.h. sie von den deutschen Hallensern unterscheidenden und untereinander differenzierenden) Lebensrisiken waren die Angehörigen der „fremdvölkischen“ Klasse ausgesetzt, und wie prägten diese Risiken ihre (Selbst-)Verortungen in der lokalen Gesellschaft? Welche Interaktionsmuster entwickelten die Angehörigen der „fremdvölkischen“ Klasse untereinander und zu den Deutschen, und inwiefern wurden diese sozialen Beziehungen durch die vom NS-Regime institutionalisierte völkische Ordnung der Stadtgesellschaft einerseits, hiervon abweichende (oder sie verstärkende) Alltagspraktiken von Ausländern und Deutschen andererseits geformt? Schließlich: Wie veränderten diese Interaktionen den städtischen Raum, und wie bildete sich in Wechselbeziehung hiermit die vom NS-Regime etablierte völkische Ordnung in der sozialen Topographie Halles ab?Somit richtet sich das Erkenntnisinteresse dieses Projektes im Unterschied zu anderen Lokalstudien über die „Fremdarbeiter“ während des Zweiten Weltkrieges nicht vorrangig auf die Politik der NS-Institutionen oder der Unternehmen dieser Klasse gegenüber. Vielmehr soll der Alltag einer multiethnischen Stadtgesellschaft von den Lebensbedingungen, sozialen Beziehungen und Handlungsspielräumen der „fremdvölkischen“ Klasse her analysiert werden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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