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Disziplinieren und professionalisieren. Die Institutionalisierung von Ethik in der Medizin in der Bundesrepublik seit den 1970er Jahren

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 493400483
 
Ziel des Forschungsprojekts ist die Historisierung des Institutionalisierungsprozesses von Ethik in der bundesrepublikanischen Medizin. Dieser Prozess wird anhand einer Vielzahl von Akteuren analysiert, die seit den späten 1970er Jahren die Integration ethischer Konzepte und Praktiken in der Medizin betrieben oder auf diese einwirkten. Die zögerliche institutionelle Etablierung von Ethik in der Medizin wird steht mit einer Gemengelage an Interessen und Motiven in Verbindung, die sich nur langsam anglichen: Mit in die Untersuchung einbezogen werden Akteure aus Theologie, Philosophie und Medizingeschichte, die Medizinischen Fakultäten und ärztlichen Standesorganisationen, Forschungsförderung und Politik, und neben den direkten Entwicklungen in der Bundesrepublik potentielle und manifeste Einflüsse aus der DDR und den USA. Zur Integration all dieser Akteure, Interessen, Motive und Einflüsse dient ein Paar idealtypisch-diametraler Analysekategorien, die stellvertretend für ein progressives und traditionelles Verständnis von Ethik in der Medizin stehen: Dabei handelt es sich um die Kategorien der Disziplinierung und der Professionalisierung. Diese repräsentieren Verständnisse von und Ansprüche an Ethik in der Medizin, einerseits als Disziplinierungsinstrument medizinischen Wissens und Handelns das konsequent nur von Nichtärzten entwickelt und angewandt werden kann, andererseits als essenzieller Aspekt professionellen Handelns in der Medizin, der in der ärztlichen Tradition verankert und nur aus der ärztlichen Erfahrung heraus weiterzuentwickeln ist. Diese gegensätzlichen Verständnisse markieren einen Rahmen, in dessen Zwischenraum jene Aushandlung von Ethik in der Medizin stattfand, die letztlich zur institutionellen Integration der Disziplin Ethik in den professionellen Kontext medizinischer Fakultäten, biomedizinischer Forschungseinrichtungen und Kliniken führte. Der Aushandlungs-, Definitions- und Integrationsprozess wird chronologisch anhand von drei Etablierungsphasen rekonstruiert: Erstens die Begründungsphase der 1970er Jahre, in der sich Ethik in der Medizin als Problem- und Handlungsfeld herausbildete, von Akteuren verschiedener weltanschaulicher, wissenschaftlicher und professioneller Hintergründe aufgegriffen wurde und sich erste medizinethische Initiativen formierten. Zweitens die Konsolidierungsphase der 1980er Jahre, als der Diskussions- und Handlungsbedarf und somit die Aufmerksamkeit für Ethik in der Medizin anwuchs und weitere Akteure, nicht zuletzt die Forschungsförderung, auf den Plan rief. Und drittens die Phase der Fokussierung in den 1990er Jahren, in der sich Ethik in der Medizin als Fach zu etablieren begann und sich in einer gleichzeitigen Abgrenzungs- und Integrationsbewegung zwischen bioethischem Diskurs, geisteswissenschaftlicher Disziplin und ärztlichem Ethos positionierte.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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