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Rundfunk-Intellektuelle als Mediator*innen? Die South African Broadcasting Corporation (SABC) im politischen Wandel Südafrikas.

Antragstellerin Dr. Julia Koch Tshirangwana
Fachliche Zuordnung Ethnologie und Europäische Ethnologie
Publizistik und Kommunikationswissenschaft
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 495261022
 
Die South African Broadcasting Corporation (SABC) hielt bis in die 1990er Jahre mehr oder weniger ein Monopol, konkurrierte aber zunehmend mit Privatwirtschaft und Rundfunk aus den Nachbarstaaten bzw. formal ‚unabhängigen‘, so genannten Homelands. Sie war seit ihrer Gründung 1936 und besonders während der Übergangszeit der frühen 1990er Jahre begehrtes Objekt bzw. Instrument politischer Akteure und sie ist es noch heute. Gleichzeitig operierte sie immer auch nach einer Eigenlogik, die Radio und Fernsehen als technische Medien bestimmt. Als Medienethnologin schaue ich auf die Konstruktionen und Mediationen von Wissen und Nicht-Wissen, wie sie die Angestellten der SABC leisteten und leisten. Die für die ethnographische Forschung relevante Gruppe von Journalist*innen, Medienproduzent*innen und Manager*innen fasse ich unter dem Begriff „Rundfunk-Intellektuelle“ zusammen. Mit diesem Begriff soll die Dichotomie zwischen ‚kreativer‘ und ‚bürokratischer‘ Praxis, die andere medienethnologische Arbeiten zu Journalismus oft kennzeichnet, überwunden werden. Das Projekt zielt einerseits auf Mediationen – also die Produktions- und Vermittlungsarbeit des südafrikanischen öffentlich-rechtlichen Rundfunks – und geht vom Problem des Wandels und der Komplexität aus. Es argumentiert, dass die halbstaatlich organisierte Medienproduktion und -ausstrahlung einer strukturierten und nachhaltigen Historisierung und Lokalisierung bedarf und dass dies mit einem ethnologischen Zugriff gelingt. Mit seiner global rezipierten politischen Geschichte, die von Apartheid und Demokratisierung erzählt, ist Südafrika ein wichtiger Ort für aktuelle Gedächtnisforschung. Zurzeit ist dort, mit Jan Assmann gesprochen, die lebende Erinnerung an die südafrikanisch-republikanische Lebenswelt der Apartheid im Übergang zwischen „kommunikativem“ und „kulturellem“ Gedächtnis begriffen. Vierzig Jahre nach den ersten verfassungsrechtlichen Reformen unter PW Botha geben vermehrt Zeitzeugen der Apartheid und der Transformation, auch aus dem Umfeld der Rundfunkkorporation SABC, persönliche Erinnerungen wieder und es erscheinen posthum neue Biographien. Diesen Übergang der Erinnerungen und der „Geschichte“ ins südafrikanische kulturelle Gedächtnis untersucht mein ethnographisches Projekt anhand von zwei Ebenen. Neben der (Re-)Konstruktion von Biographien in Gesprächen und Interviews mit ehemaligen und derzeitigen Mitarbeiter*innen, schaue ich auf die Produktionsweisen der Bestattungsberichterstattung und die Narrative, die dort von der Vergangenheit angefertigt werden. Damit leistet das Projekt nicht nur einen Beitrag zur Gedächtnisforschung und zur Rolle des Journalismus für die Gestaltung gesellschaftlicher Wirklichkeit, sondern auch zur Erforschung der medialen Dimension von Biographien. An der Schnittstelle von Ethnologie, Kommunikations- und Geschichtswissenschaft methodisch plural, greift das Projekt auf Teilnehmende Beobachtung, Interviews sowie Medieninhalts- und Diskursanalysen zurück.
DFG-Verfahren WBP Stelle
 
 

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