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Delegierte Gerichtsbarkeit auf der Iberischen Halbinsel im 12. Jahrhundert. Struktur und computergestützte Analyse eines urkundlichen Massenkorpus.
Antragsteller
Professor Dr. Klaus Herbers; Professor Dr. Malte Rehbein
Fachliche Zuordnung
Mittelalterliche Geschichte
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 495959196
Das Projekt untersucht die Praxis und Verbreitung der päpstlich delegierten Gerichtsbarkeit auf der Iberischen Halbinsel im 12. Jahrhundert. Damit wird der Blick auf eine Region gelenkt, für die in den letzten Jahren größere Fortschritte bei der Quellenerschließung erzielt wurden und die eine großflächige vergleichende Untersuchung der delegierten Gerichtsbarkeit ermöglicht. Methodisch geht das Projekt insofern neue Wege, als es dazu Zugänge der Digital History anwendet, welche die traditionelle Methode der Quellenkritik mit einem kritischen “computational thinking” und makroskopischen Analyseverfahren zusammenbringt.Materialgrundlage bildet ein rund 1.400 Papsturkunden umfassendes, mit Metadaten angereichertes Urkundenkorpus, das die Rombeziehungen der Iberischen Halbinsel in ihrer Gesamtheit abbildet und als Folie dient, vor der sich die delegierte Gerichtspraxis abhebt und in den größeren Zusammenhang der allgemeinen Zentrierung auf das Papsttum gestellt werden kann. Im Zuge der Korpuserstellung bearbeitet das Projekt den Editionsband ‘Papsturkunden in Spanien IV’, der die noch bestehende Editionslücke zu den Papsturkunden des Königreichs León und der spanischen Ritterorden schließt. Mittels makroskopischer Analyseverfahren wird der gesamte Quellenbestand räumlich, zeitlich und formal beschrieben und für vertiefende Untersuchungen aufbereitet. Inhaltlich erkundet das Projekt mit der Analyse von Akteursgeflechten und formelhaftem Schreiben zwei zentrale Dimensionen des Verbreitungsprozesses der delegierten Gerichtsbarkeit. Mittels Methoden der Historischen Netzwerkforschung werden die an den Gerichtsverfahren beteiligten Streitparteien und Richter in ihren Beziehungen untereinander wie auch zum Papsttum betrachtet, um raumzeitliche Cluster aufzudecken, die historisch zu bewerten und zu interpretieren sind. So kann danach gefragt werden, ob sich für bestimmte Personen/Gruppen eine Vorreiterrolle abzeichnet oder gemeinsame Merkmale hervortreten, die es erlauben, die Verbreitung der delegierten Gerichtsbarkeit mit bestimmten klerikalen Gruppen oder Milieus in Verbindung zu bringen. In enger Verbindung damit untersucht das Projekt die Urkundensprache, speziell die Verbreitung formelhafter Elemente in den päpstlichen Justizbriefen. Hier geht es unter anderem um die Frage, inwieweit sich Genese und Verfestigung der Formeln an konkrete Streitverläufe rückkoppeln lassen und ob sich auch für deren Verbreitung Cluster abzeichnen, die mit den personalen Verflechtungen in Beziehung gesetzt werden können. Neben der händischen Kollationierung bekannter Formeln und Klauseln erprobt das Projekt hierzu eine datenzentrierte Identifizierung formelhafter Elemente mittels Text Mining-Verfahren.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Spanien
Mitverantwortlich
Dr. Simon Donig