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Verarbeitung und Interpretation von Turn-Timing in Konversation (InterTurn)

Antragsteller Dr. Mathias Barthel
Fachliche Zuordnung Angewandte Sprachwissenschaften, Computerlinguistik
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 497498146
 
In diesem dreijährigen Forschungsprojekt werden die Prozesse der Interpretation von Pausen zwischen zwei Redebeiträgen in einem Gespräch untersucht. Das Timing von Äußerungen beeinflusst bekanntermaßen, wie die folgende Äußerung interpretiert wird – der sogenannte Lückeneffekt. So kann beispielsweise die Gewährung eines Gefallens nach einer langen Stille als mangelnde Bereitschaft interpretiert werden, den Gefallen tatsächlich zu tun. Bisherige Forschungen zur Äußerungsinterpretation konzentrierten sich hauptsächlich auf den sprachlichen Inhalt der Äußerungen und ignorieren das Timing der Äußerung. Die Untersuchung der Prozesse der Timing-Interpretation und welche Faktoren sie beeinflussen ist jedoch grundlegend für ein Verständnis von Bedeutungskonstruktion in sozialen Interaktionen. Das vorgeschlagene Forschungsprojekt wird (a) identifizieren, unter welchen Bedingungen der Lückeneffekt auftritt, (b) beantworten, ob der Effekt bei Muttersprachlern und Nicht-Muttersprachlern unterschiedlich ist, und (c) die kognitiven Prozesse charakterisieren, die für die Interpretation von Lücken relevant sind und wie Erwartungen zum folgenden Redebeitrag durch die Lücke beeinflusst werden. Der Lückenffekt wird bei zwei Gruppen von Sprechern verglichen: (i) aufmerksame versus abgelekte Sprecher und (ii) Muttersprachler versus Nicht-Muttersprachler. Wir werden den Lückeneffekt mit verschiedenen Methoden untersuchen und auf bestehende Forschungen in der Konversationsanalyse, Linguistik und kognitiven Psychologie aufbauen. Um zu einer umfassenden Beschreibung der Turn-Timing-Interpretation zu gelangen, verwenden wir Verhaltens-, Eye-Tracking- und physiologische Methoden sowie modernste statistische Analyseverfahren und nutzen jeweils deren Stärken und Vorteile. In drei Arbeitspaketen werden wir schrittweise in die Prozesse der Lücken-Interpretation hineinzoomen. Das erste Arbeitspaket besteht aus einer Ratingstudie. Probanden werden kurze Dialoge mit Anfragen und Angeboten mit unterschiedlich langen Pausen zwischen Redebeiträgen präsentiert werden. Sie werden die Bereitschaft des letzten Redners bewerten, der Bitte nachzukommen oder das Angebot anzunehmen, welche voraussichtlich von der Länge der Lücke vor der Antwort abhängt.Das zweite Arbeitspaket beinhaltet eine EEG-Studie, in der die Gehirnreaktionen der Probanden aufgezeichnet werden, während sie kurze Dialoge hören. In beiden Studien wird einer der Sprecher der Dialoge (a) entweder deutsch Muttersprachler sein oder nicht und (b) zum Zeitpunkt des kritischen Sprecherwechsels entweder aufmerksam oder abgelenkt sein. Das dritte Arbeitspaket enthält eine Eye-Tracking-Studie, welche den zeitlichen Verlauf der Erwartungen der Probanden an die bevorstehende Reaktion untersucht, während eine Lücke zwischen zwei Redebeiträgen entsteht. Die Ergebnisse werden es uns ermöglichen, konkurrierende Modelle des Sprachverstehens auf ihre Erklärungsadequatheit zu prüfen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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