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Der Einfluss von visueller Persistenz und Mehrdeutigkeiten im Reiz auf die Scheinbewegung

Antragsteller Dr. Vebjörn Ekroll
Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 49782797
 
Erstellungsjahr 2014

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Im Projekt wurde untersucht, welche Reizinformationen das Wahrnehmungssystem bei der Analyse von Bewegung nutzt. Insbesondere waren wir daran interessiert, ein neuer Verständnisrahmen für die klassischen „Bewegungsstadien“ von Max Wertheimer zu entwickeln und zu prüfen. Diese Bewegungstadien sind qualitativ unterschiedliche Eindrücke von Bewegung, die beim Betrachten von zwei benachbarten und stationären, aber nacheinander aufleuchtenden Lichtreizen enstehen können. Je nach der zeitlichen Verzögerung zwischen den beiden Lichtreizen kann nicht nur ein Eindruck eines bewegten Objekts („Beta-Bewegung“) auftreten, sondern auch ein Eindruck von zwei Objekten, die sich unabhängig voneinander bewegen („Teilbewegung“) sowie ein rätselhafter Eindruck von „reiner“ Bewegung, der phänomenal von der Wahrnehmung der beiden Lichtreize abgekoppelt ist: Die beiden Lichtreize erscheinen stationär und dennoch hat man den Eindruck von Bewegung. Diese „reine Phi-Bewegung“ wurde in der Literatur zur Bewegungswahrnehmung als ein wesentlicher Beleg dafür angesehen, dass Bewegung eine basale Sinnesqualität darstellt, die nicht etwa von der Wahrnehmung von Gegenständen an verschiedenen Positionen zu unterschiedlichen Zeitpunkten indirekt abgeleitet wird. Im Projekt konnten wir fanden wir jedoch klare Evidenz für einen alternativen Verständnisrahmen für Wertheimers Bewegunsstadien. Zunächst konnten wir zeigen, dass eine enge Verbindung zwischen der Wahrnehmung von Bewegung und der Wahrnehmung von Verdeckung besteht. Aufbauend auf dieser Vorstellung konnten wir auch zeigen, dass Wertheimer’s Phi-Bewegung nicht als „gegenstandslose“ Bewegung verstanden werden muss, sondern als die Bewegung eines perzeptuellen Objektes aufgefasst werden kann, das durch Figur-Grund- Vertauschung im Raum-Zeit-Diagramm entsteht. Unsere Ergebnisse legen auch nahe, dass der qualitative Unterschied zwischen Beta-Bewegung und Teilbewegung auf den Einfluss von visueller Persistenz zurückgeführt werden kann. In weiteren Experimenten konnten wir als weiteren Beleg für die enge Verbindung zwischen Bewegung und Verdeckung auch zeigen, dass Hinweise auf Verdeckung die wahrgenommene Glattheit von diskreten Bewegungsreizen maßgebliche beeinflussen können. Diskrete Bewegungsreize weisen gegenüber natürliche kontinuierliche Bewegungsreize räumliche und zeitliche Lücken auf, die typischerweise zu einem eher ungleichmäßigen und ruckartigen Bewegungseindruck führen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Bewegungseindruck erheblich gleichmäßiger wird, wenn das Wahrnehmungsystem diese Lücken aufgrund von geeigneten Hinweisreizen auf Verdeckung zurückführen kann.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2008). Classification of apparent motion percepts based on temporal factors. Journal of Vision, 8(4):31, 1-22
    Ekroll, V., Faul, F. & Golz, J.
  • (2008). Enhancing the smoothness of apparent motion by synchronous global changes. Perception, 37 (ECVP Abstract Supplement), S. 71
    Scherzer, T. R. & Ekroll, V.
  • (2008). Temporal conditions for pure phi in twoelement and multiple-element apparent motion displays. Perception, 37 (ECVP Abstract Supplement), S. 157
    Ekroll, V., Trampenau, L., & Scherzer, T. R.
  • (2009). Intermittent occlusion enhances the smoothness of sampled motion. Journal of Vision, 10(16), 1-18
    Scherzer, T. R. & Ekroll, V.
  • (2009). Ternus group motion without an interstimulus interval. Perception, 38 (ECVP Abstract Supplement), S. 87
    Ekroll, V., Kornmayer, L. & Scherzer, T. R.
  • (2010). The role of occlusion cues in apparent motion. Perception, 39(12), 1606-162
    Ekroll, V. & Borzikowsky, C.
  • (2012) Wertheimers Phi-Bewegung: reine gegenstandslose Bewegung und Figur- Grund-Vertauschung? Wertheimer-Jubiläumssymposium (Org.: H. Gundlach & V. Sarris): „Max Wertheimer, 1912-2012: Hundert Jahre experimentelle Gestaltpsychologie – eine Bestandsaufnahme’", 48. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Psychologie
    Ekroll, V.
  • Untersuchungen zur Bedeutung modaler und amodaler Perzepte in der visuellen Wahrnehmung. Dissertationsschrift, Universität Kiel, 2014. 175 S.
    Scherzer, Tom R.
 
 

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