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Die Bedeutung der Atmung für menschliche Wahrnehmung und Kognition

Fachliche Zuordnung Kognitive und systemische Humanneurowissenschaften
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 497946371
 
Die menschliche Atmung ist eine stetige, rhythmische Abfolge aktiven Einatmens und passiven Ausatmens. Obwohl der Vorgang des Atmens in Ruhe fast vollständig automatisiert ist, kann er bei Bedarf bewusst angepasst werden, da wichtige „Taktgeber“ wie der präBötzinger-Komplex und der olfaktorische Trakt eng mit limbischen und kortikalen Arealen verschaltet sind. Des Weiteren ist die atemrelevante Muskulatur in (prä-)motorischen Arealen des Kortex repräsentiert, die somit der bewussten Kontrolle des Atemvorgangs dienen. Basierend hierauf haben Tierstudien gezeigt, dass die Atmung komplexes motorisches Verhalten sowie Hirnaktivität entscheidend beeinflusst. Diese Befunde legen nahe, dass die funktionelle Interpretation von Hirnaktivität periphere Signale gleichsam berücksichtigen sollte. Auch jüngere Untersuchungen im Menschen zeigen, dass die Atmung nicht nur die Verhaltensleistung in kognitiven und perzeptuellen Aufgaben beeinflusst, sondern auch ein weites Netzwerk kortikaler und subkortikaler Oszillationen moduliert.Es ist völlig unklar, ob die Interaktion von Atmung und Hirnaktivität im Bereich der Wahrnehmung und Kognition zufällig ist oder – ganz im Gegenteil – behavioralen Nutzen hat. Letzteres entspricht den Theorien des „predictive brain processing“, die neuronale Aktivität als aktives, bidirektionales Zusammenspiel gleichbedeutender bottom-up und top-down Informationen versteht. Im Falle der Atmung betrifft dies insbesondere sensomotorische Netzwerke der Atemkontrolle und deren Verbindung zu kognitiven wie affektiven Zuständen (bspw. Erregung). Mit anderen Worten: Durch die gezielte zeitliche Koordination von Atmung und inneren Zuständen kann die Aufnahme sensorischer bottom-up Information präzise an top-down Erwartungen angepasst werden. Im Bemühen, renommierte Konstrukte des predictive brain processing hinsichtlich der Kopplung von Atmung und Hirnaktivität zu erweitern, präsentieren wir ein umfassendes Forschungsprogramm. Wir nutzen die Kombination aus hochauflösender Magnetoenzephalographie (MEG), Verhaltensmaßen aus Paradigmen des predictive brain processing sowie peripheren Signalen, um zwei wesentliche Ziele zu verfolgen: Wir testen zum einen explizite Hypothesen bzgl. der Kopplung von Atmung und Hirnaktivität gemäß interozeptiver Theorien im Rahmen des predictive brain processing. Hierbei unterscheiden wir zum ersten Mal zwischen top-down Signalen, die sich auf a) multidimensionale Eigenschaften externaler Reize oder b) auf die bewusste Kontrolle des Atemrhythmus beziehen. Zum anderen untersuchen wir die verhaltensrelevanten Implikationen dieser beider top-down Signale für Wahrnehmung und Kognition. Interozeptive Theorien postulieren eine wichtige Rolle der Atmung in der zeitlichen Koordination von Wahrnehmungsprozessen, was fundamentale Fragen bzgl. bewusster, kontextabhängiger Atemkontrolle sowie deren Konsequenz für Verhaltensmaße aufwirft.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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