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Die Rolle des Zerebellums bei der visuomotorischen Integration

Fachliche Zuordnung Allgemeine, Kognitive und Mathematische Psychologie
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 49864739
 
Erstellungsjahr 2011

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das vorliegende Projekt beschäftigte sich mit den neuronalen Korrelaten der Verarbeitung von sakkadenbezogenen Efferenzkopie-Signalen. Efferenzkopien sind Kopien neuronaler Befehle zur Ausführung von Bewegungen, die andere Hirngebiete darüber informieren, welche Bewegungen gerade geplant oder ausgeführt werden. Sie spielen sowohl für die trans-sakkadische Raumkonstanz als auch bei der Verarbeitung fehlerhafter Reaktionen eine wichtige Rolle. Hauptziel der Untersuchungen war es, die funktionelle Relevanz vor allem des Zerebellums für die Verarbeitung von Efferenzkopien zu beleuchten. Dazu in Beziehung gesetzt wurden Daten, die bei Patienten mit Thalamus-Läsionen gewonnen wurden, weil das Zerebellum über trans-thalamische Feedback-Schleifen mit dem Kortex verbunden ist. Bei zerebellären Patienten wurde in einem ersten Schritt die Efferenzkopie-Verarbeitung im Rahmen okulomotorischen Updatings untersucht, d.h. wenn eine Sakkade für die Ausführung einer zweiten berücksichtigt werden muss. In einem zweiten Schritt wurde untersucht, inwieweit zerebelläre und thalamische Läsionen das perzeptuelle Updating beeinträchtigen, d.h. wenn eine Sakkade bei der perzeptuellen Lokalisation eines Zielreizes berücksichtigt werden muss. Für Patienten mit zerebellären Läsionen wurde in beiden Untersuchungen eine veränderte kortikale Informationsverarbeitung sakkadenbezogener Informationen festgestellt, während das Verhalten weitgehend intakt war. Dies bestätigte sich auch im letzten Teil des Projekts, der die efferenzkopie-basierte Überwachung des Verhaltens im Rahmen einer Antisakkaden-Aufgabe untersuchte. EKP bei Zerebellum-Patienten unterschieden in einem frühen Zeitfenster nicht zwischen korrekten und falschen Sakkaden, jedoch fand sich ein Unterschied in einem späteren Zeitfenster, was für einen Kompensationsmechanismus sprechen könnte. Für Patienten mit Thalamus-Läsionen zeigte sich beim perzeptuellen Updating keinerlei Veränderung, weder im Verhalten noch in den EKPs. Bei der Verhaltensüberwachung hingegen fand sich, wie bei den Zerebellum-Patienten, eine reduzierte Unterscheidung zwischen den EKPs nach Fehlern und nach korrekten Reaktionen. Im Unterschied zu den zerebellären Patienten war jedoch auch die Fehlerrate erhöht. Passend dazu fanden sich keine Hinweise auf Kompensationsmechanismen. Zusammenfassend lässt sich für das Zerebellum sagen, dass es zu Efferenzkopie-Verarbeitung beiträgt, dass jedoch für Zerebellum-Läsionen offenbar gut kompensiert werden kann, da sich keine Verhaltensänderungen zeigen. Dies deckt sich mit Befunden zu kognitiven Beeinträchtigungen bei Zerebellum-Patienten, die, wenn überhaupt vorhanden, sehr gering ausgeprägt sind. Bei Thalamus-Patienten findet sich eine größere Übereinstimmung zwischen Verhaltensdaten und Befunden zur kortikalen Verarbeitung. Wenn Verarbeitungsveränderungen auftreten, spiegeln sich diese auch im Verhalten wider.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2011). Altered error processing following vascular thalamic damage; Evidence from an antisaccade task. PLoS One, 6(6): e21517
    Peterburs, J., Pergola, G., Koch, B., Schwarz, M., Hoffmann, K.-P., Daum, I., Bellebaum, C.
  • (2011). Electrophysiological correlates of inter- and intrahemispheric saccade-related updating of visual space. Behavioural Brain Research, 216, 496-504
    Peterburs, J., Gajda, K., Hoffmann, K.-P., Daum, I., Bellebaum, C.
 
 

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