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Alchemie und Pietismus. Alchemische Praxis am Halleschen Waisenhaus im 18. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Frühneuzeitliche Geschichte
Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 500099606
 
Das Projekt erforscht die alchemischen Praktiken der Medikamentenherstellung am Halleschen Waisenhaus im 18. Jahrhundert basierend auf neuen methodischen Ansätzen der Wissensgeschichte. Die von August Hermann Francke Ende des 17. Jahrhunderts gegründete Institution mit Schulen und Versorgungseinrichtungen für Kinder aller Stände entwickelte sich zu einem Zentrum des Pietismus mit internationaler Vernetzung und globalem Aktionsradius. Im Projektfokus stehen die hierzu gehörigen pharmazeutischen Einrichtungen: die Waisenhaus-Apotheke und die Medikamenten-Expedition mit ihren Laboren zur Arzneimittelentwicklung sowie -produktion und dem damit verbundenen weltweiten Versandhandel. Es soll das umfangreiche pharmaziehistorische Quellen-korpus der Franckeschen Stiftungen erstmals einer Analyse hinsichtlich der alchemischen Praxis und deren argumentativer Einbettung in den Pietismus unterzogen werden. Im Zentrum steht die Untersuchung des wechselseitigen Verhältnisses von Alchemie und Pietismus. Zahlreiche überlieferte handschriftliche Quellen (Laborberichte, alchemische Manuskripte, Arzneimittelrezepturen, Briefkonvolute, Tagebuchaufzeichnungen) sowie ein umfangreicher Bestand an zum Teil seltenen alchemischen Druckschriften der Frühen Neuzeit, welche in Archiv und Bibliothek der Franckeschen Stiftungen überliefert sind, bilden eine reiche Materialgrundlage für die Erarbeitung einer bisher noch ausstehenden Wissensgeschichte pharmazeutisch-alchemischer Praxis im Pietismus.Das Projekt betritt damit weitgehend Neuland. Der Zusammenhang zwischen der Medizin- bzw. Pharmaziegeschichte des Halleschen Pietismus und der Alchemie wurde bisher nicht näher untersucht. Gleichwohl deuten erste Recherchen darauf hin, dass alchemische Praktiken innerhalb der Medizin bzw. Pharmazie am Waisenhaus im 18. Jahrhundert eine zentrale Rolle spielten. Einen hierfür bedeutenden Quellenfundus stellen auch die vollständig im Bibliotheksbestand der Franckeschen Stiftungen überlieferten medizinisch-pharmazeutischen Druckschriften der leitenden Waisenhaus-Pharmazeuten dar. Daneben wird die Vernetzung mit waisenhaus-externen Alchemikern wie dem einflussreichen Hermetiker Samuel Richter untersucht, dessen Lebensweg und al-chemische Praktiken noch weitgehend im Dunkeln liegen.Mit dem pietistisch ausgerichteten Halleschen Waisenhaus wird außerdem ein für die Alchemieforschung neuer Ort alchemischer Praxis (neben der beispielsweise gut erforschten Alchemie an Höfen) untersucht. Dies ermöglicht neue Perspektiven auf zentrale Themen der Alchemieforschung wie den Heterodoxieverdacht, unter den die Alchemie im Verlauf der Frühen Neuzeit geriet. Waren die AkteurInnen am Waisenhaus aufgrund von Heterodoxievorwürfen zu einer öffentlichen Abgrenzung von alchemischen Vorstellungen und/oder Praktiken gezwungen, obwohl diese ihr Weltbild wesentlich mitprägten?
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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