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Nachahmung und Verstehen der molekularen Evolution Atrazin-abbauender Enzyme
Antragsteller
Professor Dr. Reinhard Sterner
Fachliche Zuordnung
Biochemie
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 501122718
Die Enzyme AtzA (Atrazin Chlorohydrolase) und AtzB (Hydroxyatrazin Ethylaminohydrolase) katalysieren die ersten beiden Schritte im katabolischen atz Weg, durch den das xenobiotische Herbicid Atrazin zu Ammoniak und Kohlendioxid abgebaut wird. Aufgrund ihrer erst kurz zurückliegenden Entstehung, eignen sich AtzA und AtzB sehr gut als Modellsysteme zur Untersuchung der schnellen Evolution neuartiger Enzyme aus ursprünglicheren Vorläufern, was das Hauptziel dieses Projekts darstellt. In der abgelaufenen Förderperiode konnten wir zeigen, dass AtzA aus einem Vorläufer mit Melamindeaminase-Aktivität entstanden ist. Da Melamin ebenfalls ein Xenobiotikum darstellt, hat sich das Problem hin zu der Frage nach dem Vorläufer von Melamindeaminasen verschoben. Diese soll nun durch einen kombinierten in silico/in vitro/in vivo Ansatz adressiert werden, der die Identifikation von promiskuitiven Nebenaktivitäten von Melamindeaminasen, einen Alanin-Scan mutmaßlich katalytischer Reste, Sequenzähnlichkeitsnetzwerke sowie anzestrale Sequenzrekonstruktion umfasst. Für AtzB haben wir die Evolution aus einem N2,N2-Dimethylguanin Hydrolase-Vorläufer experimentell nachvollzogen, der durch den Einbau von vier Mutationen in der Nähe des aktiven Zentrums hohe Hydroxyatrazin Ethylaminohydrolase-Aktivität erworben hat. Moleküldynamik (MD) Simulationen legen nahe, dass die evolutionären Trajektorien, welche diese Aktivitätsänderung nachzeichnen, einhergehen mit einer graduellen Verschiebung des Gleichgewichts zwischen zwei verschiedenen Konformationen, die die Bindung und den Umsatz von entweder N2,N2-Dimethylguanin oder Hydroxyatrazin ermöglichen. Ein derartiger Prozess entspricht den Vorstellungen des ensemble-Modells der Enzymevolution, was nun durch die umfassende Analyse evolutionärer Intermediate und Endpunkte durch Kristallstrukturanalyse, stopped-flow Kinetiken und MD-Simulationen weiter verifiziert werden soll. Des weiteren werden wir die Hypothese überprüfen, dass AtzB deshalb aus einer N2,N2-Dimethylguanin Hydrolase statt aus einer kanonischen Guanindeaminase entstanden ist, weil das Proteingerüst eine höhere funktionelle Promiskuitivität und damit Evolvierbarkeit ermöglicht. Schließlich werden wir den Reaktionsmechanismus und die physiologische Funktion von N2,N2-Dimethylguanin Hydrolase untersuchen, wozu wir auch die Proteine charakterisieren werden, deren Gene im gleichen Operon des Genoms co-lokalisiert sind. Zu diesem Zweck wollen wir vorläufige Daten bestätigen, die darauf hindeuten, dass die im Operon kodierten Proteine den Import und den darauffolgenden Abbau von N2,N2-Dimethylguanin und verwandter Substanzen zu Xanthin vermitteln. Insgesamt sollen die geplanten Untersuchungen zu einem tieferen Verständnis von molekularer Enzymevolution und funktioneller Promiskuitivität beitragen sowie zur Aufklärung der biologischen Rolle von N2,N2-Dimethylguanin Hydrolasen führen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
