Kommentierte Edition der Melodien zu den lateinischen Osterfeiern und -spielen des Mittelalters
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Das Projekt behebt ein altes Desiderat der Musik-, Literatur- und Liturgiewissenschaft: Es erschließt unter diesen drei Gesichtspunkten erstmals alle in der Forschung bislang bekannten, mit Melodien überlieferten lateinischen Osterfeiern des Mittelalters und der Frühen Neuzeit nach einheitlichen Gesichtspunkten in zwei Editions- und in zwei Kommentarbänden. Der geographische Einzugsbereich dieser umfassenden Korpus-Edition hat zwar seinen Schwer-punkt in den deutschsprachigen Ländern, die Tradition erstreckt sich jedoch darüber hinaus von Katalonien und Aquitanien, Frankreich, Normandie, Irland, England, Schweden, Schlesien, Böhmen und Mähren bis nach Italien und Sizilien. Zeitlich reicht die dokumentierte Tradition vom 10. bis ins 17. (mit vereinzelten Ausläufern sogar bis ins 19.) Jahrhundert. Das geographisch und zeitlich weitgefächerte Korpus umfasst 375 Osterfeiern. Jede dieser Feiern erfährt eine selbständige Edition (Melodien und Texte, Rubriken), und jede dieser Feier erhält einen systematisch angelegten Einzelkommentar (zur Handschrift, zur Notation, zu den Melodien, zum Text, zum kirchlichen Ort, zum liturgischen Ort, zum Typ der Feier, zur Forschungsdiskussion, Nachweis vorhandener Faksimiles, vorhandener Melodie- und Texteditionen und der Forschungsliteratur). In allen genannten Punkten ergaben sich zahllose, nicht selten weitreichende Korrekturen (etwa wenn bei einer für Breslau reklamierten Feier eine Herkunft aus Venedig nachgewiesen werden konnte). Die Ergebnisse der Einzelkommentare sind dann in umfangreichen Überblicken zur Tradition der Melodien und Texte in den edierten lateinischen Osterfeiern zusammengefasst. Die kommentierte Melodie- und Textedition liefert für die Erforschung der lateinischen Osterfeiern erstmals eine umfassende und verlässliche Grundlage. Sie umfasst eine Reihe von Überraschungen gegenüber dem bisherigen Forschungsstand. Dazu zählt vor allem die ungeahnte Vielfalt bei den Melodien wie bei der Inszenierung der Osterfeiern (sogar am selben Ort und zur selben Zeit). Diese Variabilität scheint den Weg von den lateinischen Osterfeiern zu den lateinischen und den volkssprachigen Oster- und Passionsspielen geebnet zu haben. Zumindest können auf den Projektergebnissen endlich systematische Untersuchungen auch zu den Gesängen in diesen Spielen aufbauen.