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Digitale Musikedition: Offene Werkgestalt im 17. Jahrhundert

Fachliche Zuordnung Musikwissenschaften
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 504660259
 
Nach 1600 brach sich die musikalische Neuerung des Generalbasses ausgehend von Norditalien in kürzester Zeit europaweit Bahn und beherrschte die kompositorischen Stile des 17. bis mittleren 18. Jahrhunderts. Mit dem Generalbass ging nicht nur die nachhaltige Dominanz der Dur-Moll-Tonalität einher, sondern auch eine aufführungspraktische Flexibilität, die sich einer Festlegung im Notentext entzieht. Eben diesem Kernaspekt des frühneuzeitlichen Musikideals kann eine (gedruckte) kritische Edition, die traditionellerweise auf eine Hauptfassung ausgerichtet ist, nicht gerecht werden. Das Projektvorhaben zielt darauf, die ganze Bandbreite des jeweiligen Variantenspektrums als Palette ebenbürtiger Optionen editorisch aufzuarbeiten und in eine rein digitale Lösung zu überführen, mit der es möglich ist, die improvisatorische Qualität ebenso wie die jeweiligen Grenzen der Variantenbildung abzubilden. Es gilt, eine Modelledition für das deutsche Generalbassrepertoire des 17. Jahrhunderts zu erarbeiten, die dem offenen Werkverständnis in einem Maße Rechnung trägt, wie es in den traditionsreichen gedruckten Editionen rein technisch nicht möglich ist. Aufgrund der volatilen Gestalt der Kompositionen und der ästhetischen Unzulässigkeit einer Hauptvariante ist keine hybride, sondern eine rein digitale Lösung vorgesehen. Dass in der Modelledition das deutsche Repertoire des 17. Jahrhunderts fokussiert wird, liegt an dessen exzeptioneller aufführungspraktischer Variabilität. Die daraus resultierende größtmögliche Vielfalt an editorischen Problemstellungen und hierzu erforderlichen technischen Lösungen gewährleistet für künftige Editionsprojekte eine problemlose Übertragung auf die vergleichsweise weniger flexiblen Generalbasskompositionen der italienischen Werke des 17. Jahrhunderts und des europäischen Generalbassrepertoires des 18. Jahrhunderts. Das Projekt verfolgt drei Teilziele, die aufs Engste miteinander verknüpft sind: Am Anfang steht, erstens, eine editorische Aufarbeitung der Quellen, die detailliert sämtliche, durch Paratexte gestützte Varianten kritisch erschließt, ohne diese an einer hypothetischen Hauptfassung auszurichten; zweitens wird das edierte Material in eine digitale Präsentation überführt, die passgenau entwickelt wird und es erlaubt, über sukzessive Pfade alle historisch rekonstruierten Varianten zu generieren. Da sich dies nur sinnvoll im engen Austausch mit anderen digitalen Editionsprojekten überhaupt leisten lässt, wird das Projekt eng mit dem digitalen Netzwerk Zentrum Musik – Edition – Medien der Universität Paderborn kooperieren. Schließlich werden drittens die entwickelten Tools als open source veröffentlicht, um für künftige digitale Editionsprojekte direkt anschlussfähig zu sein. Darüber hinaus wird das Projekt in den Potenzialbereich „The Early Modern World“ der Universität Hamburg und damit in ein deutschlandweit einzigartiges interdisziplinäres Arbeitsumfeld und Netzwerk zur Erforschung der Frühen Neuzeit eingebunden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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