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Materielle Sorgen und politische Involvierung im Lebensverlauf: Der Einfluss sozioökonomischer Probleme auf politische Sozialisation

Antragsteller Professor Dr. Paul Marx
Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 505158386
 
Das sozioökonomische Gefälle in der politischen Involvierung wurde von einer umfangreichen Literatur dokumentiert. Die Wahlbeteiligung, wie auch viele andere Formen der Auseinandersetzung mit Politik, sind bei armen Menschen generell niedriger. Während diese Muster zu ungleicher Repräsentation im politischen Prozess führen, wissen wir noch recht wenig über die genauen Mechanismen, die politischer Apathie bei Menschen mit niedrigem Einkommen zu Grunde liegen. Das vorgeschlagene Projekt schließt diese Forschungslücke, indem es den Zusammenhang zwischen sozioökonomischen Problemen und politischer Involvierung in einer Lebensverlaufsperspektive untersucht. Die zentrale Frage ist dabei, inwieweit ein unmittelbarer, kausaler Einfluss der sozioökonomischen Lage vorliegt; oder ob sich Arme und Reiche vor allem deshalb in ihrer politischen Involvierung unterscheiden, weil sie bereits in ihrer Jugend und Kindheit systematisch unterschiedliche Sozialisationserfahrungen gemacht haben. Theoretisch baut das Projekt auf zwei wichtigen Erkenntnissen der politischen Beteiligungsforschung auf. Erstens sind politische Verhaltensweisen und Orientierungen nach der "impressionable years"-Hypothese bis ins frühe Erwachsenenalter vergleichsweise formbar, werden danach aber zunehmend wandlungsresistent. Sozioökonomische Probleme könnten sich demnach vor allem in jungen Jahren auf die politische Involvierung auswirken, durch Habituation dann aber im Haupterwerbsalter aber an Erklärungskraft verlieren. Zweitens zeigt bestehende Forschung, dass Eltern ihre Kinder früh durch politisches Lernen und Statustransmission in ihrer Beteiligungsneigung prägen, was bereits zu Ungleichheit vor dem Wahlalter beitragen kann. Das sozioökonomische Gefälle, das typischerweise in Querschnittsdaten beobachtet wird, könnte somit weitgehend auf den familiären Hintergrund und Kindheitserfahrungen zurückzuführen sein.Empirisch stützt sich das Projekt auf bestehende Paneldatensätze großer Erhebungsinstitute. Es analysiert insbesondere Studien, in denen Kinder bereits in einem sehr jungen Alter (ab 9 Jahren) befragt werden. Diese bislang selten genutzte Daten ermöglichen uns die Betrachtung kritischer Phasen, in denen sozio-ökonomische Erfahrungen wichtige Grundlagen für das Hineinwachsen in Politik legen (oder verhindern). Methodisch verwenden wir latente Wachstumskurven, um die Entwicklung der politischen Involvierung im Sozialisationsprozess zu untersuchen, Difference-in-Difference Matching-Techniken, um den kausalen Effekt individueller Lebenserfahrungen auf politische Involvierung zu ermitteln, und sequenzanalytische Methoden, um komplexe Verläufe von sozioökonomischen Problemen und politischer Involvierung abzubilden.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Mitverantwortlich(e) Dr. Nadja Wehl
 
 

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