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Vanport, Oregon: Umweltgerechtigkeit, Vertreibung und die Rekonstruktion einer "verlorenen Stadt"

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 505184602
 
Vanport wurde an der Jahreswende 1942/43 am Stadtrand von Portland, Oregon, errichtet, um bis zu 40.000 zugezogenen Arbeiter:innen in der Rüstungsindustrie eine Unterkunft zu bieten. Damit wurde Vanport innerhalb kürzester Zeit zum größten Siedlungsprojekt in den gesamten USA und, nach Portland, zur zweitgrößten Stadt in Oregon. Aufgrund seiner demographischen Struktur war Vanport auch die mit Abstand größte afro-amerikanische community in dem nordwestlichen Bundesstaat. Als am 30. Mai 1948 ein provisorischer Deich, der die Stadt vor Überschwemmungen des Columbia River schützte, kollabierte, endete die kurze Geschichte von Vanport. Die Stadt wurde nicht wieder aufgebaut, ihre Bewohner:innen mussten sich im benachbarten Portland oder in anderen Teilen der USA eine neue Bleibe suchen.Die lange Geschichte Vanports beginnt aber erst mit dieser Katastrophe, denn die Stadt lebte trotz jahrzehntelanger Nichtbeachtung in vielfacher Form weiter und hat mittlerweile eine Bedeutung erlangt, die weit über die lokale Erinnerung an einen untergegangenen Ort hinausgeht. Vanport ist zur Chiffre für erfolgreich praktizierte Diversität, aber auch für die ungleiche Verteilung von Umweltrisiken und den Widerstand gegen strukturellen Rassismus geworden. Im krassen Gegensatz zum gegenwärtigen Erinnerungsboom steht allerdings die historische Aufarbeitung der Geschichte Vanports.Dieses Projekt geht der Geschichte Vanports und den Spuren, die Stadt hinterlassen hat, auf vier Ebenen nach. Zunächst wird der Alltag der Menschen untersucht, die in den knapp sechs Jahren der Existenz Vanports dort gelebt, gearbeitet, Kinder großgezogen und ihre Freizeit verbracht haben. Diese Analyse der für lokale Verhältnisse ethnisch sehr diversen Gemeinschaft erfolgt vor dem Hintergrund einer de facto segregierten Gesellschaft im Staat Oregon und in der Stadt Portland. Der zweite Schwerpunkt liegt auf der Migrationserfahrung und der Diaspora der Bewohner:innen Vanports, die sowohl in der Zuwanderung aus den unterschiedlichsten Regionen innnerhalb der USA, aber auch im kollektiven Erlebnis der „Entortung“ nach der Flut im Jahr 1948 zum Ausdruck kommen. Drittens widmet sich das vorliegende Projekt dem Vergessen von und dem Erinnern an Vanport. Der vierte Teil schließlich fokussiert auf die longue durée des konkreten Ortes, an dem Vanport errichtet wurde – von dessen naturräumlichen Gegebenheiten über indigene Aneignungen bis hin zur Nutzungsgeschichte nach der Flut. Vanport ist somit das erste Projekt, das der Geschichte dieser besonderen Stadt in ihrer ganzen Komplexität und historischen Tiefe nachgeht. Dadurch lassen sich die vielschichtigen Zusammenhänge zwischen Umweltgerechtigkeit, Prozessen der Entortung und Katastrophenerinnerung aufzeigen, die in Zeiten von Klimakrise, Kampf gegen strukturellen Rassismus und Gentrifizierung von höchster aktueller Relevanz sind.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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