Detailseite
Projekt Druckansicht

Entwicklung der Prozesskette für die Synthese und Verarbeitung hochgefüllter Polymer-Nanopartikel-Komposite.

Fachliche Zuordnung Polymermaterialien
Förderung Förderung von 2008 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 50541310
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

2 In dem Projekt zur Entwicklung einer Prozesskette für die Synthese und Verarbeitung hochgefüllter Polymer-Nanopartikel-Komposite wurde die verfahrenstechnische Herstellung von Kompositmaterialien basierend auf Lösungsmittel- und Sprühtrocknungsprozessschritten mit der Weiterverarbeitung im kunststofftechnischen Spritzgussprozess verknüpft. Resultat der vielfältigen Untersuchungen ist der folgende Prozessablauf mit den Einzeloperationen: (a) Synthese der Nanopartikel im wässrigen Fällungsverfahren, (b) Hydrophobisierung und Stabilisierung der Partikel durch Extraktion (Phasentransfer) in ein wenig polares Lösungsmittel, (c) Vermischen der extrahierten Partikel mit dem gelöstem Matrixpolymer, (d) Sprühtrocknung der Lösungsmitteldispersion, (e) Pressagglomeration und Granulation des feinen Pulvers des Sprühtrocknungsprozesses für die bessere Weiterverarbeitung, (f) Spritzguss des Kompositmaterials in Prüfkörper- und mikrostrukturierte Werkzeuge. Die folgenden verfahrenstechnischen Ergebnisse wurden erzielt und Fortschritte unter Berücksichtigung der Arbeitshypothesen zu Projektbeginn wurden erreicht. 1) Erfolgreiche Reduktion des Einsatzes von Detergenzien für die Extraktion und Stabilisierung von Nanopartikeln auf einen Minimalwert von 0.2 g/g Fettsäure bezogen auf Magnetit und Ersatz von Ölsäure mit der besser geeigneten Rizinolsäure im Nanopartikelextraktionsschritt [1-3] 2) Begründung eines physikalisch mathematischen Modells zur Beschreibung der physikochemischen Dispergierung von Nanopartikeln beim Phasentransfer [4] 3) Beitrag zum Verständnis der thermischen Zersetzung von chemisorbierter Fettsäure an Magnetitnanopartikeln unter Inertatmosphäre [5] 4) Entgegen der Arbeitshypothese führt die mechanische Dispergierung mit den Methoden: Rotor-Stator Mixer, Ultraschall und Planetenkugelmühle nicht zur Reduktion des Anteils an agglomerierten Nanopartikeln nach Extraktion. Des Weiteren ist die Methode der dynamischen Lichtstreuung nicht geeignet für die quantitative Bewertung von Anteilen an primären Nanopartikeln in einer Mischung mit Agglomeraten und Aggregaten. 5) Von herausragender Bedeutung für die entwickelte Prozesskette sind die komplexen Wechselwirkungen im lösungsmittelbasierten System: stabilisierte Nanopartikel und Polymer im Schritt (c). Es konnte gezeigt werden, dass der Dispersionszustand im Wesentlichen von den Wechselwirkungen mit dem gelösten Polymer bestimmt werden und es kann Destabilisierung als auch Stabilisierung folgen [1, 3, 6]. Die technischen Polymere Poly(methyl methacrylat) PMMA und Poly(bisphenol A carbonat) PC führen zur Destabilisierung und verursachen die Bildung von Agglomeraten durch Depletionsflockung. Als stabilisierendes Polymer wurde Poly(vinyl butyral) PVB Mowital B30T von Kuraray mit hohem Hydroxilierungsgrad ausgemacht. 6) Bei stabilisierenden Wechselwirkungen zwischen Nanopartikel und Polymer im Lösungsmittel gibt es keine Beeinflussung der Dispersionsqualität bei Variation des Füllgrades. Hochgefüllte Systeme sind bis zur Zusammensetzungslimitierung, begrenzt durch Geometrien von Kugelpackungen, bis zu ca. 70 % synthetisierbar. 7) Die Variation von Sprühtrocknungsparametern unter Verwendung von Zweistoffzerstäuberdüsen führt nicht zu einer wesentlichen Verbesserung der schüttguttechnischen Eigenschaften des synthetisierten Kompositpulvers. Jedoch konnte eine deutliche Verbesserung der Fließeigenschaften begründet werden durch Pressagglomeration und Granulation des feinen Pulvers der Sprühtrocknung [7]. 8) Für die Charakterisierung der Dispersionsqualität im spritzgegossenen Bauteil wurde die Methode der Phasenkontrast Rasterkraftmikroskopie untersucht, im Wesentlichen getrieben durch die verbesserte nanoskopische Planarisierung von Schnittflächen [8]. 9) Entgegen der Arbeitshypothese ist die Partikelextraktion unter Verwendung typischer Verarbeitungshilfsmittel der Kunststofftechnik nicht möglich. 10) Es konnte gezeigt werden, dass ein Lösungsmittelwechsel nach der Extraktion durch Verdampfung des leichter flüchtigen Extraktionsmittels möglich ist [9]. Essigsäureethylester kann beim Stoffsystem PMMA das unter Verdacht der krebserzeugenden Wirkung stehende Dichlormethan, in den Prozessschritten nach Extraktion, ersetzen. 11) Der Vergleich zwischen In-situ- (Sprühtrocknung), Ex-situ- (Synthese der Nanopartikel und anschließendes Compoundieren mit PMMA und Detergenz im Kneter) und Inbetween- Prozess (Synthese und Sprühtrocknung von Nanopartikel-Detergenz-Gemischen und anschließendes Compoundieren mit PMMA im Kneter als Zwischenschritt) zeigte eine deutliche Verschlechterung der Partikelverteilung/erhöhte Agglomeration bei Exsitu- und In-between-Prozess, wodurch sich auch die mechanischen Eigenschaften der Komposite nach der Spritzgussverarbeitung im Vergleich zum In-Situ-Komposit verschlechterten. Somit kann durch den Zwischenschritt des Compoundierens im Knetprozess keine Verbesserung der Kompositeigenschaften erzielt werden. 12) Die Verwendung einer Nadelverschlussdüse im Spritzgussprozess ist aufgrund der bei Prozesstemperatur (150-320°C) verdampfenden Detergenzien unerlässlich. Die Optimierung des Detergenzgehalts verringert diesen Verdampfungseffekt deutlich, was jedoch nicht den Verzicht der Nadelverschlussdüse bewirkt. 13) Die optimalen Prozessparameter für die Spritzgießverarbeitung der Nanokomposite konnten ermittelt werden. Hinsichtlich des Nanopartikel-Füllgrades sind die verarbeitungstechnischen Grenzen im Spritzguss selbst bei Füllgraden von ca. 14,5 vol.- % noch nicht erreicht. 14) Die kunststofftechnische Verarbeitung im Mikrospritzguss zeigt eine erstaunlich gute Abbildungsgenauigkeit von Mikrostrukturen, die mit der des reinen PMMA vergleichbar ist. 15) Hinsichtlich der rheologischen Charakterisierung zeigte sich an oszillatorischen Messungen im Rotations-Rheometer entgegen den Erwartungen eine Verringerung der Viskosität durch Zugabe von Detergenz (Ölsäure) und Nanopartikeln speziell bei hohen Winkelfrequenzen. Demnach bewirken Detergenz und Nanopartikel bei hohen Beanspruchungen, wie sie im Spritzguss vorliegen, eine Viskositätserniedrigung von PMMA. Die in der Arbeitshypothese vorgesehenen rheologischen Untersuchungen im Hochdruckkapillar-Rheometer waren aufgrund der massiven Verdampfungseffekte der Detergenzien nicht möglich. 16) Die Zugabe von Detergenz und Nanopartikeln führt in der modulierten TGA bei PMMA zu einer Erhöhung der Zersetzungstemperatur und bei PVB zu deren Erniedrigung [10]. Die Erhöhung der Zersetzungstemperatur wurde bereits bei Mikropartikel-gefüllten Kompositen beobachtet [11, 12] und kann auf die erhöhte Agglomerationsneigung in PMMA-Fe3O4-Nanokompositen zurückgeführt werden. 17) Während die Zugabe von Detergenz und Nanopartikeln die Glasübergangstemperatur (Tg) von PVB erniedrigt, wird die von PMMA erhöht [10]. 18) Hinsichtlich der dynamisch-mechanischen Eigenschaften zeigt der Speichermodul zunächst eine Erhöhung mit steigendem Füllgrad. Bei sehr hohem Füllgrad (ca. 14,5 Vol.-%) sinkt der Speichermodul wieder ab. Generell ist der Speichermodul der Nanokomposite unterhalb Tg größer als der des reinen Polymers. 19) Die magnetischen Eigenschaften der Nanokomposite konnten im Laufe des Projektes durch die Optimierung von Polymer, Detergenz und Partikelverteilung signifikant gesteigert werden. Die Verwendung von PVB als Matrixpolymer und Rizinolsäure als Detergenz brachte die höchsten magnetischen Eigenschaften. Die im Antrag formulierten superparamagnetischen Eigenschaften konnten jedoch aufgrund immer noch vorliegender Nanopartikel-Agglomeration nicht im angedachten Bereich erzielt werden. Nachdem die kolloidalen Wechselwirkungen in organischen Lösungsmitteln mit Polymeren als prozessbestimmend begründet und näher beschrieben wurden, ist es nun zwingend erforderlich in Folgeprojekten diese Wechselwirkungen näher zu verstehen und für eine erfolgreiche Produktsynthese gezielt zu steuern. Es besteht somit ein erheblicher Forschungsbedarf in der Partikeltechnologie von nichtwässrigen Dispersionen mit nichtionischen Polymeren. Solche Stoffsysteme finden schon jetzt einen breiten industriellen Einsatz, wie zum Beispiel in der Lack- und Farbenindustrie, bei der Formulierung von Medizinprodukten mit Nanopartikeln, für die Aufbereitung von feinstverteilten mineralischen Produkten, sowie für die weiterhin äußerst interessante untersuchte Prozesskette zur Formulierung von nanopartikelgefüllten Polymerwerkstoffen. Mit Unterstützung von Polymerchemikern und Kolloidwissenschaftlern könnten systematisch Parameter und Methoden erarbeitet werden, die Wechselwirkungen von Partikeln und Polymeren in den unterschiedlichsten Lösungsmitteln vorhersagen zu können. Es gibt auch semiempirische Ansätze, wie die von Hansen [13], welche speziell für Nanopartikel-Polymer-Komposite adaptiert werden könnten. Das Modell zur Deagglomeration bei Partikelextraktion sollte zum Beispiel durch Kolloidsondentechnologie am Rasterkraftmikroskop untersucht werden. Trotz der destabilisierenden Bedingungen beim Matrixpolymer PMMA ist es möglich die Prozesskette für die Synthese von hochgefüllten Pulvern mit Füllgraden von ca. 70 % zu verwenden, um fließfähige Pulver als Zusatzstoff in Knochenzement zur Verfügung zu stellen. Das in diesem Falle recht gut dispergiert vorliegende Magnetit kann die Aushärtezeit von Knochenzement, einer Mischung aus dem Monomer MMA und PMMA durch Aufheizen in einem Magnetfeld reduzieren und Detektion des Zements im MRT gewährleisten. Entsprechend erfolgreiche Vorversuche sind in Zusammenarbeit mit Prof. Heinrich Hofmann von der EPFL bereits erfolgt. Eine weitere denkbare Applikation besteht für die PVB Komposite mit stabiliserten hochdispersen Magnetitnanopartikeln als Material in elektronischen Systemen zur Reduktion von elektromagnetischer Störstrahlung (EMI shielding). Seitens der kunststofftechnischen Verarbeitung im Spritzguss sind nach Sicherstellung des stabilen Verarbeitungsprozesses bis zu Magnetit-Füllgraden von 14,5 Vol.-% weiterführende Betrachtungen hinsichtlich Füllgradsteigerung sowie Abbildungsgenauigkeit speziell mikrostrukturierter Oberflächen von wissenschaftlichem Interesse. Hierdurch können im Zuge der fortschreitenden Miniaturisierung von Funktionsstrukturen neue Anwendungsfelder z.B. im Bereich der elektromagnetischen Abschirmung, Magnetorheologie aber auch funktionalisierter Mikrooptik aus Polymer-Nanopartikel-Kompositen eröffnet werden. Für die optimale Einstellung der Materialeigenschaften können so durch Optimierung von Füllgrad und Partikelverteilung sowie die Entwicklung von Stoffgesetzen maßgeschneiderte Materialien für konkrete Anwendungen entwickelt werden. Weiterhin ist von Interesse, inwiefern die erzielten Ergebnisse auf die Verarbeitung ähnlicher Stoffsysteme übertragbar sind. Hinsichtlich der rheologischen Eigenschaften hat sich herausgestellt, dass Detergenz und Nanopartikel im Gegensatz zu Mikropartikeln die Viskosität der Polymerschmelze erniedrigen können. Dieser interessante Effekt kann für die Verarbeitung im Spritzguss vorteilhaft genutzt werden. Hinsichtlich der vollständigen Beschreibung dieses rheologischen Effekts sind jedoch weiterführende Grundlagenuntersuchungen essentiell wichtig.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Synthese hochgefüllter Polymer-Nanopartikel-Komposite. Chemie Ingenieur Technik, 2009. 81(8): p. 1166-1167
    M. Rudolph, U.A. Peuker, S. Kirchberg, C. Turan und G. Ziegmann
  • Synthesis and Processing of Superparamagnetic PMMA-Fe3O4-Nanocomposites. Proceedings of 11th Polymer Processing Conference, 2009, Cairns (Australien)
    S. Kirchberg, C. Turan, G. Ziegmann, M. Rudolph und U.A. Peuker
  • Phasenkontrast-Rasterkraftmikroskopie für die Charakterisierung der Verteilung von Nanopartikeln in Verbundwerkstoffen. Chemie Ingenieur Technik, 2010. 82(12): S. 2189-2195
    M. Rudolph, K. Bauer und U.A. Peuker
  • Processing and Characterization of Highly Filled Polymer Nanoparticle Composites for Micro Injection Molding Applications. Proceeding European Congress of Composite Materials14. Budapest, Ungarn, 2010. Paper ID: 546-ECCM14, 10 Seiten
    M. Rudolph, S. Kirchberg, C. Turan, G. Ziegmann und Urs A. Peuker
  • Synthesis of Highly Filled Nanomagnetite Polymeric Composites via Sterically Stabilized Organosols and the Spray Drying Process. Proceedings World Congress of Particle Technology WCPT6. Nürnberg, 2010. Beitrag:H_H_1_0_00057, 4 Seiten
    M. Rudolph, S. Kirchberg, C. Turan, G. Ziegmann und Urs A. Peuker
  • Coagulation and stabilization of sterically functionalized magnetite nanoparticles in an organic solvent with different technical polymers. Journal of Colloid and Interface Science, 2011. 357(2): S. 292-299
    M. Rudolph und U.A. Peuker
  • On the significance of nanoparticle interactions for the synthesis of highly filled polymer-nanoparticle-composites with the solution and spray-drying process. In: International Forum-Competition of Young Researchers - Topical Issues of Subsoil Usage. St. Petersburg, Russland, 2011. ISBN:978-5-94211-504-3, S. 206-208
    M. Rudolph und U.A. Peuker
  • A TGA-FTIR Perspective of Fatty Acid Adsorbed on Magnetite Nanoparticles - Decomposition Steps and Magnetite Reduction. Colloids and Surfaces A: Physicochemical and Engineering Aspects, 2012
    M. Rudolph, J. Erler und U.A. Peuker
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1016/j.colsurfa.2012.01.020)
 
 

Zusatzinformationen

Textvergrößerung und Kontrastanpassung