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Charakterisierung gescherter Grenzflächen auf molekularer Ebene durch kombinierte zeitaufgelöste Neutronenreflektometrie und polarisationsabhängige Infrarotspektroskopie: Von Polymerbürsten zu Lipid-Multilagen

Fachliche Zuordnung Physikalische Chemie von Molekülen, Flüssigkeiten und Grenzflächen, Biophysikalische Chemie
Förderung Förderung seit 2022
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 505669720
 
Scherung ist ein weit verbreitetes Phänomen in Natur und Technik und kann die Struktur, Funktion und Leistungsfähigkeit biologischer und künstlicher Systeme erheblich verändern. So werden Gelenkbewegungen von Scher- und Reibungskräften begleitet, die zu Gelenkverschleiß und Arthrose führen können. Biologische Zellen verändern ihre Morphologie und ihren Stoffwechsel infolge mechanischer Belastung durch Strömung in Blutgefäßen und die Verringerung von Reibung durch Schmiermittel und Oberflächenbeschichtungen ist wichtig, um den Energieverbrauch von Maschinen zu senken und ihre Lebensdauer zu verlängern. Um Schereffekte zu verstehen, zu kontrollieren und zu nutzen, ist es wichtig, ihre Auswirkungen auf Struktur und Funktion der betroffenen Grenzflächen auf molekularer Ebene zu verstehen. Durch Kombination von in situ Neutronenreflektometrie (NR) und Infrarot (IR)-Spektroskopie sollen daher scherinduzierte Grenzflächenprozesse mit einer Zeitauflösung von bis zu 10 ms verfolgt werden. NR ist ein hervorragendes Instrument für die strukturelle Untersuchung von verborgenen Grenzflächen und erlaubt strukturelle Analysen bis hin zu atomarer Auflösung. Ergänzende chemische und molekulare Informationen werden mittels IR-Spektroskopie gewonnen. Polarisationsabhängige IR-Messungen geben zusätzlich Aufschluss über die molekulare Orientierung der gescherten Filme. Grenzflächenfilme bestehen oft aus mehreren Molekülarten. Hier ist es schwierig, zwischen ihrem individuellen Scherverhalten zu unterscheiden, vor allem wenn sie chemisch ähnlich (z.B. verschiedene Biomoleküle mit ähnlichem Rückgrat oder Ketten) oder sogar identisch (z.B. verschränkte Polymerketten desselben Typs, aber oberflächenverankert oder frei) sind. Ein wesentliches Ziel ist es daher, das scherinduzierte Verhalten komplexer Grenzflächen durch gezielte Deuterierung der beteiligten Spezies aufzuklären. Im Falle von NR werden hierbei Moleküle selektiv durch Änderung der Streulängendichte markiert. In der IR-Spektroskopie liegen die Schwingungsbanden deuterierter Molekülgruppen bei niedrigeren Wellenzahlen, so dass zwischen deuterierten und protonierten Spezies unterschieden werden kann. Anhand von Modellsystemen werden die Projektpartner gemeinsam zwei Scherphänomene von großer technischer bzw. biomedizinischer Bedeutung untersuchen: i) den molekularen Ursprung der scherabhängigen Reibung von verschränkten Polymerflüssigkeiten an festen Wänden, die durch die Streckung oberflächengebundener Ketten jenseits einer kritischen Spannung und die anschließende Entknäuelung von den freien Polymerketten entstehen soll, und ii) die Reaktion von Reibung vermindernden Filmen in Säugetiergelenken auf Scherkräfte, um die Mechanismen von Osteoarthritis und damit verbundener Therapieansätze zu ergründen. Für diese Studien wird eine spezielle Scherzelle entwickelt, die parallele zeitaufgelöste NR- und IR-Messungen in situ sowie die Erzeugung komplexer Schermuster (Start-Stopp, oszillierend, etc.) ermöglicht.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Internationaler Bezug Frankreich
 
 

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