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Phänotypische Variabilität durch genetische Pufferung: Die Rolle von Umweltfaktoren
Antragsteller
Privatdozent Dr. Thomas Haarmann-Stemmann; Andrea Rossi, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Toxikologie, Laboratoriumsmedizin
Allgemeine Genetik und funktionelle Genomforschung
Allgemeine Genetik und funktionelle Genomforschung
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 506104882
Genetische Faktoren können die Entstehung von Krankheiten und Alternsphänotypen induzieren oder dazu beitragen. Die von Mendel beschriebenen dominanten und rezessiven genetischen Vererbungsmuster repräsentieren in diesem Kontext die Extreme eines Spektrums von Zuständen. Es ist bekannt, dass die Effekte pathogener genetischer Variationen, die zu einem ernsten klinischen Bild führen sollten, von Zellen abgepuffert werden können, wodurch der resultierende Phänotyp abgemildert wird. Diesem als genetische Pufferung bezeichneten Prozess liegen diverse Mechanismen, wie genetische Kompensation, transkriptionelle Adaptation und phänotypische Plastizität, zu Grunde. Obwohl über die Regulation der genetischen Pufferung nur wenig bekannt ist, wird davon ausgegangen, dass die beteiligten Faktoren zum Teil nicht-genetischer Natur sind. Wir postulieren, dass die genetische Pufferung durch wechselnde Umweltbedingungen beeinflusst wird. Die genetische Pufferung wird häufig durch Expression von Modifikatorgenen erreicht. Ein Beispiel ist die Heraufregulation von Utrophin in Patienten mit Duchenne-Muskeldystrophie (DMD), einer seltenen genetischen Erkrankung verursacht durch Mutationen im Gen Dystrophin. Wir wollen erforschen, ob und wie die genetische Pufferung und die Regulation von Modifikatorgenen durch Umweltfaktoren beeinflusst wird. Hierfür haben wir humane induzierte pluripotente Stammzellen (iPSCs) sowie entsprechende Mutanten generiert und charakterisiert, die auf molekularer Ebene DMD sowie Actin-B (ACTB)-assoziierte Syndrome, monogenetische Krankheiten mit breiter phänotypischer Varianz, rekapitulieren. Die jeweiligen Modifikatorgene wurden mittels RNS-Sequenzierung und qPCR-Analyse identifiziert bzw. validiert. In dem beantragten Projekt sollen die generierten iPSCs mit sub- bzw. gering toxischen Konzentrationen expositionsrelevanter Umweltgifte (Luftschadstoffe, Lebensmittelkontaminanten) behandelt und deren Einfluss auf die Modifikatorgenexpression analysiert werden. Da die verwendeten Umweltfaktoren die Bildung reaktiver Sauerstoffspezies fördern und oxidativer Stress die Expression von Genen, inkl. Modifikatorgenen, in Nager Krankheitsmodellen verändert, erwarten wir profunde Effekte in den Expressionsmustern der Modifikatorgene auszumachen. Wir werden die kausalen Mechanismen aufklären und hierbei auf direkte Effekte sowohl auf die Modifikatorgenregulation als auch die genetische Kompensationsmaschinerie fokussieren. Konkret werden wir die Wirkung der Schadstoffexposition auf Nukleinsäureebene analysieren, indem wir epigenetische DNS- und epitranskriptomische RNS-Modifikationen sowie das globale Transkriptom untersuchen. Da die Modulation von genetischer Pufferung und Modifikatorgenen klinisch relevant ist, werden zudem Bibliotheken kleiner Moleküle, die potentiell die umweltfaktor-suszeptiblen Gene modulieren können, gescreent. Diese Studien werden fundamentale Einblicke in die Bedeutung von Umweltfaktoren für die genetischen Pufferung liefern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen