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Dissipationsgetriebene Quantenphasenübergänge in niedrigdimensionalen ungeordneten Quantensystemen

Fachliche Zuordnung Theoretische Physik der kondensierten Materie
Förderung Förderung von 2007 bis 2011
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 50623445
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Das Ziel dieses Forschungsprojektes war die quantitative Charakterisierung des Effekts von Dissipation auf Quantenphasenübergänge in homogenen und vor allem ungeordneten wechselwirkenden quantenmechanischen Systemen: transversalen Ising-Systemen, Josephson- Junction-Arrays, und Bose-Hubbard-Modellen. Zum Erreichen dieses Ziels mussten zweierlei Methodenentwicklungen vorangetrieben werden: 1) Die Verallgemeinerung der Strong-Disorder- Renormierungsgruppe auf stark ungeordnete Quantensysteme mit dissipativem Bad. 2) Quanten-Monte-Carlo-Verfahren in kontinuierlicher Imaginärzeit zur numerischen Untersuchung quantenmechanischer Systeme mit dissipativem Bad. Ad 1) Ein von uns entwickeltes Strong-Disorder-Renormierungsverfahren ermöglichte uns die Berechnung des Niedrig-Temperatur-Verhaltens der magnetischen Suszeptibilität und der spezifischen Wärme des ungeordneten transversalen Isingmodells mit Disspation. Im Falle ohmscher Dissipation zeigt die Suszeptibilität bei einer bestimmten Temperatur T* einen Crossover von Griffiths-McCoy-Verhalten zu klassischem Curie-Verhalten. Die spezifische Wärme dagegen zeigt Griffiths-McCoy-Singularitäten über den gesamten Temperaturbereich. Im Folgenden haben wir ungeordnete Ketten von zwei-komponentigen Quanten-Rotoren untersucht, die an ein dissipatives ohmsches Bad gekoppelt sind. Eine Verallgemeinerung des von uns für den sing-Fall entwickelten Strong-Disorder-Renormierungsverfahrens ergab im Falle einer Kopplung an die Phasen selber, dass der Phasenübergang als Funktion der Kopplungsstärke durch einen Infinite-Randomness-Fixpunkt determiniert wird. Dies bestätigt frühere Vermutungen auf der Basis von Rechnungen für N-komponentige Spinsysteme im Limes N→∞. Diese Arbeiten werden allerdings erst in den nächsten Monaten finalisiert und publiziert werden. Ad 2) Wir haben einen effizienten Quanten-Monte-Carlo-Algorithmus in kontinuierlicher Imaginärzeit entwickelt und implementiert, der dieses Pfadintegral stochastisch sampelt und thermodynamische Observable mit hoher Präzision berechnet. Mit diesem Verfahren haben wir den kritischen Punkt insbesondere für den sub-ohmschen Fall mit Hilfe von Finite-Temperature-Scaling untersucht und die kritischen Exponenten in Abhängigkeit vom Exponenten s der bosonischen Spektraldichte bestimmt. Es stellt sich heraus, dass diese für s<1/2 Mean-Field-artig sind und damit die Voraussagen der numerischen Renormierungsgruppe revidiert werden mussten. Mit Hilfe dieses Algorithmus haben wir die thermodynamischen Eigenschaften von Multi-Spin-Boson-Modellen untersucht, in welchem N quantenmechanische Spin-1/2 Freiheitsgrade (oder Qbits) über ein gemeinsames bosonisches Bad miteinander wechselwirken. Das Phasendiagramm wurde mit Hilfe von Monte-Carlo-Simulationen berechnet und mit einer Mean-Field- Rechnung für N→∞ verglichen, wobei sich eine gute Übereinstimmung ergab. Schließlich haben wir unsere Rechnungen auf ein Modell auf räumlich separierte Spins ausgedehnt, die an stehende Wellen repräsentierende bosonische Moden dissipativ ankoppeln. In den letzten 2 Jahren dieses Forschungsprojektes haben wir in Zusammenarbeit mit Prof. Ferenc Iglói parallel zu den oben beschriebenen Arbeiten auch die Nichtgleichgewichtsdynamik von Quantenspinketten nach plötzlichen globalen Quenches äußerer Felder studiert. Wir fanden charakteristische Regimes in der Zeitentwicklung der lokalen Magnetisierung beobachtet (exponentieller Abfall, Plateau-Regime, exponentielle Rekonstruktion), die wir im Rahmen einer semiklassischen Theorie auf der Basis von sich ballistisch bewegenden Quasiteilchen quantitative erklären konnten. Es bestehen gute Aussichten diese Resultate in Zukunft auch auf nichtintegrable Systeme auszudehnen.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • Finite temperature behavior of strongly disordered quantum magnets coupled to a dissipative bath. J. Stat. Mech., (2008) P04012
    G. Schehr and H. Rieger
  • The quantum phase transition in the subohmic spin-boson model: Quantum Monte-Carlo study with a continuous imaginary time cluster algorithm. Phys. Rev. Lett. 102, 030601 (2009)
    A. Winter, H. Rieger, M. Vojta, and R. Bulla
  • Non-equilibrium quantum dynamics after local quenches. J. Stat. Mech. (2011) P10027
    U. Divakaran, F. Iglói and H. Rieger
  • Quantum relaxation after a quench in systems with boundaries. Phys. Rev. Lett. 106, 035701 (2011)
    F. Iglói and H. Rieger
  • Semi-classical theory for quantum quenches in finite transverse Ising chains. Phys. Rev. B 84, 165117 (2011)
    H. Rieger and F. Iglói
  • Quantum relaxation and finite size effects in the XY chain in a transverse field after global quenches. Europhys. Lett. 99, 30004 (2012)
    B. Blass, H. Rieger, and F. Iglói
    (Siehe online unter https://doi.org/10.1209/0295-5075/99/30004)
 
 

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