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Hochverrat, Landesverrat, Wehrkraftzersetzung - Zur politischen NS-Strafjustiz in Hessen. Erstinstanzliche Verfahren vor dem Volksgerichtshof, den Oberlandesgerichten Darmstadt und Kassel sowie hessischen Sondergerichten

Antragsteller Professor Dr. Dieter Meurer (†)
Fachliche Zuordnung Strafrecht
Förderung Förderung von 1998 bis 2003
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5075936
 
Mit einer Gesamterhebung aller verfügbaren Verfahren der Hoch- und Landesverratssenate der Oberlandesgerichte Darmstadt (bis 1937) und Kassel soll die Entwicklung der Rechtsprechungspraxis bei politischen Strafsachen während der NS-Zeit dargestellt und dadurch eine empirische Grundlage für ihre wissenschaftliche Bewertung geschaffen werden. Diese erstinstanzlichen Strafsachen fielen eigentlich in die Zuständigkeit des Reichsgerichts und ab 1934 in die des Volksgerichtshofes. Beide Gerichte machten allerdings in der überwiegenden Zahl der Fälle von der Möglichkeit Gebrauch, Verfahren an Oberlandesgerichte abzugeben. Um mögliche Spezifika und zeitliche Veränderungen in der Abgabepraxis erkennen zu können, werden die sich auf das Gebiet des heutigen Bundeslandes Hessen beziehenden Volksgerichtshofs- und Reichsgerichtsverfahren ebenfalls ausgewertet und analysiert. Im Rahmen des Forschungsvorhaben ist für die Jahre 1933/34 eine dritte judizielle Ebene relevant: die Sondergerichtsbarkeit. Für diesen Zeitraum wird davon ausgegangen, daß die Grenzlinien zwischen Hochverratsverfahren und Sondergerichtsprozessen fließend waren. Untersucht werden soll, welche Beurteilungen vergleichbare Handlungen in den drei Oberlandesgerichtsbezirken erfuhren und wie von vorgesetzter Stelle Einfluß auf die Anklagebehörden genommen wurde. Alle drei Ebenen werden abschließend in ihren Binnenstrukturen sowie auf ihre Abgrenzungsmechanismen hin analysiert und in ein Phasenmodell politischer Strafjustiz übersetzt, das mit bestehenden überregional determinierten Schemata verglichen wird. Ziele der Untersuchung sind Erkenntnisse zur Übertragbarkeit höchstrichterlicher Rechtsprechung in politischen Strafsachen (Volksgerichtshof) auf die Urteilspraxis der nächst niedrigeren Instanz (Oberlandesgerichte mit mehr als 90 % Verfahrensanteil) sowie die Nachzeichnung hessen- und regionalspezifischer Entwicklungen. Ferner wird untersucht werden, ob sich die Ergebnisse der Prozeßaktenauswertung, unter Einbeziehung weiterer Quellen (z. B. Personalakten), zu Anklage- und Urteilsprofilen der beteiligten Staatsanwälte und Richter oder Richtergruppen verdichten lassen. Dieser Teilbereich des Forschungsvorhabens soll im nunmehr zu beantragenden zweiten Forschungsabschnitt eine Erweiterung dahingehend erfahren, daß eine umfassende rechts- und sozialgeschichtliche Untersuchung aller Justizjuristen der Landesgerichte und Oberlandesgerichte (und der jeweiligen Anklagebehörden) des Dokumentationsgebietes vorgenommen wird. Ziel dieses Studienabschnittes ist eine vollständige quantitative und qualitative Analyse der personellen Kontinuitäten resp. Diskontinuitäten von der Weimarer Republik über die NS-Zeit bis in die Gründungsphase der Bundesrepublik Deutschland.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
Beteiligte Person Professor Dr. Thomas Klein (†)
 
 

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