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Die Phylogenie der Belemniten: Grundlage für Paläobiologie und Geochemie
Antragsteller
Professor Dr. Adrian Immenhauser, seit 10/2022
Fachliche Zuordnung
Paläontologie
Systematik und Morphologie der Tiere
Systematik und Morphologie der Tiere
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 507867999
Die Belemniten (Belemnitida) waren häufige coleoide Cephalopoden jurassischer und kretazischer Meere. Ihr niedrig-Mg-Calcit-Rostrum ist der am häufigsten fossil überlieferte Teil ihres Innenskeletts. Belemnitenrostren werden als geochemische Archive benutzt, insbesondere für Paläotemperaturrekonstruktionen basierend auf stabilen Sauerstoffisotopie-Daten (δ18O) und „clumped isotopes“ (Δ47), aber Rekonstruktionen des Kohlenstoffkreislaufs durch stabile Kohlenstoffisotopie-Daten (δ13C) sind ebenfalls von Bedeutung. Ferner werden Belemniten häufig in der Palökologie, Paläogeographie und Biostratigraphie verwendet. Trotz ihrer geowissenschaftlichen Bedeutung basiert ihre Systematik oberhalb des Familienniveaus immer noch auf einer fast 60 Jahre alten Unterteilung aller Belemniten in nur zwei Unterordnungen, Belemnitina und Belemnopseina. Die Belemnitina gelten dabei schon lange als paraphyletische Gruppe und für fast alle Belemnitenfamilien ist es unklar ob sie monophyletisch sind. Eine vorbereitende, hier vorgestellte, kladistische Studie hat gezeigt, dass beide Unterordnungen nicht monophyletisch sind. Aus der Sicht des Antragstellers hindert der Mangel einer kladistischen Phylogenie der Belemniten (i) Fortschritte in ihrer Paläobiologie (ii), eine umfassende Sicht über ihre Evolution sowie Entwicklung und Verbreitung ihrer ultra- und mikrostrukturellen Merkmale und (iii) ihrer Geochemie. In diesem Zusammenhang ist besonders die kürzlich beschriebene triradiale biphasische UItrastruktur der Rostren, die weitreichende Implikationen für Proxydaten hat, von Bedeutung. Basierend auf neu beschriebenen mikrostrukturellen und geochemischen Rostrendaten im Zusammenspiel mit etablierten äußeren Rostrenmerkmalen und Ontogenie, plant der Antragsteller eine neue kladistische Phylogenie der Belemniten zu erstellen. Zu diesem Zwecke sollen 30 Rostren von Belemniten-Schlüsselarten und den nah verwandten Aulacoceratiden, die den ursprünglichen Rostrentypus darstellen, mit state-of-the-art Mikroskopiemethoden untersucht werden. Die ausgewählten Taxa sind repräsentativ für die Biodiversität, Stratigraphie und Paläogeographie der Belemniten. Zusätzlich zur Mikrostruktur, werden hochauflösende Elementzusammensetzungen als neue Merkmale zur Phylogenierekonstruktion getestet. Die ontogenetische Entwicklung von selektierten, besterhaltenen Rostren wird mit hochauflösenden µCT-Messungen untersucht werden und detaillierte nicht-invasive Daten liefern. Der gesamte Datensatz wird eine Merkmalsmatrix bilden, die die Grundlage für Phylogenien basierend auf den Prinzipien der Parsimonie und Bayes’scher Statistik bildet. Diese Ergebnisse werden dann gegen die bekannten stratigraphischen Reichweiten der untersuchten Belemnitentaxa getestet. Sofern erfolgreich, wird das hier vorgeschlagene Projekt zu einer gut-aufgelösten und zeitlich-kalibrierten Phylogenie der Belemniten führen, die von bedeutendem Wert für Paläontologen, Palökologen und Paläozeanographen sein wird.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Dr. René Hoffmann; Dr. Robert Lemanis
Ehemaliger Antragsteller
Dr. Kevin Stevens, bis 9/2022