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Der Einfluss sozialer Isolation auf den Nachwuchs: eine evolutionäre, ökologische und molekulare Perspektive
Antragstellerin
Professorin Dr. Sandra Steiger
Fachliche Zuordnung
Evolution, Anthropologie
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Biologie des Verhaltens und der Sinne
Förderung
Förderung seit 2022
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 508884109
Familienleben ist ein taxonomisch weit verbreitetes Phänomen, das durch vielfältige Interaktionen zwischen Familienmitgliedern charakterisiert ist. Es wird angenommen, dass insbesondere die Eltern-Kind- und Geschwisterinteraktionen sich gegenseitig beeinflussen können, so dass es zu unterschiedlichen Typen (kooperativ, neutral oder konkurrierend) und Rollen von Interaktionen im Laufe der Evolution von Familienleben kommen kann. Dadurch, dass in der Vergangenheit vor allem Tiersysteme untersucht wurden, bei denen Familienleben stark abgeleitet und obligat ist, fehlen uns allerdings immer noch Informationen über die verschiedenen Rollen von Interaktionen und ihren Wechselwirkungen in der Evolution von Familiengruppen. Um diese Wissenslücke zu füllen, schlagen wir vor Totengräber (Coleoptera) als Modellsystem zu nutzen, da sich hier nah verwandte Arten stark in der Abhängigkeit von der elterlichen Brutpflege unterscheiden. Die soziale Isolierung von Kindern von ihren Familienmitgliedern soll hierbei als zentrales Werkzeug eingesetzt werden, um Einblicke in die Art, das Ausmaß und das Zusammenspiel von Familieninteraktionen zu erhalten. Indem wir die getrennten und gemeinsamen Effekte sozialer Isolation von Kindern von ihren Eltern und ihren Geschwistern analysieren, werden wir testen, ob der Typ und das Ausmaß der Geschwisterinteraktion von der Anwesenheit der Eltern abhängig ist und ob sich die Eigenschaften der Geschwisterinteraktionen ändern, wenn Kinder stärker oder weniger stark von der elterlichen Brutpflege abhängig werden. Da eine existierende Hypothese besagt, dass Geschwisterkooperation evolviert um einen verminderten Nutzen von Brutpflege auszugleichen, werden wir insbesondere testen, ob Arten, die weniger auf die Brutpflege der Eltern angewiesen sind, mehr von der Anwesenheit der Geschwister profitieren. Des Weiteren werden wir untersuchen, ob raue Umweltbedingungen (hohe und niedrige Temperaturen, geringe Nahrungsverfügbarkeit und hohe mikrobielle Last) die Reaktion auf soziale Isolation beeinflussen und ob sowohl Kooperationen zwischen Eltern und Kindern als auch zwischen den Geschwistern den Effekt schlechter Umweltbedingungen abmildern können. Im letzten Teil des Projekts werden wir die genetische Grundlage von Eltern-Kind- und Geschwisterinteraktionen untersuchen. Hierzu werden wir die Genexpression von Kindern vergleichen, die von ihren Eltern und/oder von ihren Geschwistern getrennt wurden. Zusätzlich werden wir noch die Genexpressionsantworten auf elterliche Separation zwischen drei Arten vergleichen, die sich stark in der Abhängigkeit von der elterlichen Brutpflege unterscheiden. Die Ergebnisse des vorgeschlagenen Projekts werden nicht nur ein Licht auf familiäre Interaktionen und ihre sich verändernden Rolle im Laufe der Evolution werfen, sondern auch unser Verständnis von den Konsequenzen sozialer Isolation verbessern.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Mitverantwortliche
Dr. Maximilian Körner; Dr. Heiko Vogel