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Digitale Sachherrschaft
Antragsteller
Privatdozent Dr. Konrad Duden
Fachliche Zuordnung
Privatrecht
Förderung
Förderung von 2022 bis 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 509011964
Unser Alltag ist zunehmend durchzogen von vernetzten Geräten: Alarmanlagen melden Einbrüche aus der Ferne; Kühlschränke bestellen bald eigenständig Lebensmittel. Die Vernetzung schafft neue Nutzungsmöglichkeiten und Geschäftsmodelle. Sie gibt dem Anbieter aber auch eine dauerhafte Einwirkungsmöglichkeit. Es kommt zu einer Spaltung der Herrschaft über Sachsubstanz und Sachfunktion: Der Anbieter kann dank der Vernetzung das Gerät sperren, indem er die integrierte Software oder den Cloud-Zugang blockiert. So verwandelt er ein High-Tech-Endgerät in Elektroschrott. Diese Abhängigkeit des Nutzers vom Geräteanbieter bildet den Ausgangspunkt meiner Untersuchung. Häufig kann das Vertragsrecht helfen. Doch was, wenn zwischen Nutzer und Anbieter gar kein Vertrag besteht, etwa weil der Nutzer das Gerät vom Ersterwerber übernommen hat? In diesem Fall ist der Nutzer auf einen Schutz über das Sachenrecht verwiesen. In meiner Arbeit untersuche ich daher, inwiefern Eigentum und Besitz den Nutzer beim digitalen – also software- oder netzbasierten – Gebrauch des Gerätes schützen. Die Arbeit trägt damit zu der grundlegenden Diskussion um die Bedeutung des Sachenrechts in einer zunehmend digitalisierten Welt bei. Zur Beantwortung der Leitfrage befasst sich die Arbeit mit verschiedenen Grundfragen des Sachenrechts. So analysiert sie die Merkmale der Körperlichkeit und Gegenstandsqualität als Voraussetzungen der Sachdefinition. Sie arbeitet heraus, dass die digitale Sachherrschaft des Anbieters am Gerät, also seine Fähigkeit, die im Gerät integrierte Software zu verändern, eine Art der körperlichen Sachherrschaft darstellt. Als solche begründet sie einen Teilmitbesitz am Gerät und schränkt den Besitzschutz des Nutzers als Inhaber der Substanzherrschaft ein. Der digitale Gebrauch einer Sache kann auch ohne eine körperliche Veränderung des Geräts beeinträchtigt werden. Hinsichtlich der Reichweite des dinglichen Schutzes stellt sich deshalb mit neuer Dringlichkeit die Frage danach, wie weitgehend der bestimmungsgemäße Gebrauch einer Sache unabhängig von einer Beeinträchtigung ihrer Substanz dinglich geschützt ist. Bei analogen Geräten stellt sich diese Frage kaum, da sich die Gebrauchsmöglichkeit aus der Sachsubstanz ergibt und somit eine Einschränkung der Brauchbarkeit grundsätzlich nur durch eine Veränderung der Sachsubstanz möglich ist. Die Arbeit beleuchtet vor diesem Hintergrund, welche Funktionen „digitaler Sachen“ noch Teil des bestimmungsgemäßen Gebrauchs sind, der in der Sache als solcher angelegt und damit dinglich geschützt ist, und was lediglich ergänzende Gebrauchsmöglichkeiten sind, die nur vertraglich geschuldet sind. Betreffend Funktionssperren, die nicht die Sache selbst, sondern ihre Vernetzung betreffen, analysiert die Arbeit weiterhin den dinglichen Schutz vor Störungen der Sach-Umwelt-Beziehung. Seit dem berühmten Fleet-Fall des Bundesgerichtshofs ist dieser Schutz noch immer umstritten.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen
